Dollar am Sonntag

Trumps Alleingang

am
9. August 2020

EUR USD (1,1785)             Die zurückliegende Handelswoche hat für Euro-Optimisten ernüchternd geendet. Denn die Gemeinschaftswährung musste gegenüber dem Greenback den höchsten Tagesverlust seit dem 2. April hinnehmen. Und vom zwischenzeitlichen Wochengewinn, der immerhin ein marginal höheres 26-Monats-Hoch mit sich brachte, ist so gut wie nichts übrig geblieben. Kurzum: Der kurzfristige Aufwärtstrend, am Freitagvormittag noch relativ steil verlaufend, hat einen Dämpfer bekommen.

 

Dollar im Fokus

Nun verhält es sich nicht so, als sei über die Eurozone fundamentales Ungemach hereingebrochen. Im Gegenteil: Die Zahlen zur deutschen Industrieproduktion und zur Handelsbilanz, die am Freitag veröffentlicht wurden, lesen sich ganz gut. Allein: Die Daten betreffen den Monat Juni und somit das zweite Quartal, dessen Bruttoinlandsprodukt erst unlängst in einer ersten Schätzung veröffentlicht wurde. Aber ohnehin scheinen die Devisenhändler derzeit das Geschehen in den USA und die dortigen ökonomischen Entwicklungen viel mehr zu interessieren.

 

Hat er es gewusst?

Und zu diesen US-Daten gehört auch der dortige Arbeitsmarktbericht für Juli, der besser als weithin erwartet ausgefallen ist. Denn mit einem Plus von 1,763 Millionen neu geschaffenen Stellen wurde die Medianerwartung der Ökonomen (+1,48 Mio.) deutlich übertroffen. US-Präsident Donald Trump muss am vergangenen Mittwoch also doch eine gute „Vorahnung“ (Herrschaftswissen? vgl. HIER) gehabt haben, als er davon sprach, er erwarte einen Arbeitsmarktbericht der Klasse „big“. Übrigens: Auch die Arbeitslosenquote lag mit 10,2 Prozent deutlich niedriger als im Vormonat (11,1 Prozent).

 

Trump handelt

Dessen ungeachtet sind die Verhandlungen über das neue Stimulus-Paket in den USA zum Wochenende ins Stocken geraten, liegen doch die Positionen zwischen Republikanern und Demokraten hinsichtlich des Volumens immer noch sehr weit auseinander – wir sprechen immerhin von noch einer Differenz von weit mehr als 1 Billion USD.

Allerdings hatte Donald Trump bereits am vergangenen Mittwoch angedeutet, dass er im Alleingang über Dekrete (Executive Orders) die Ende Juli ausgelaufene Unterstützung für Arbeitslose[1] verlängern, Zwangsräumungen von Wohnungen und Häusern weiter aussetzen und eine teilweisen Senkung der Lohnsteuer[2] anordnen könne. Auch von Erleichterungen (teilweise Stundungen) bei öffentlichen Studienkrediten war die Rede.

All dies hat der US-Präsident am Samstag scheinbar im Alleingang durchgezogen. Es bleibt allerdings unklar, wie ein Teil der Vorhaben überhaupt finanziert werden soll. Vor allem aber, ob der Präsident überhaupt rechtlich die Macht hat, derartige Dekrete zu erlassen. Aber wer wird es angesichts der bevorstehenden Wahlen wagen, diese wichtigen und dringend notwendigen Wohltaten juristisch infrage zu stellen?

 

Erneute Rekordpositionierung im Euro

All dies zusammengenommen gab es eigentlich keinen triftigen Grund, warum man vor dem Wochenende in größerem Stile US-Dollar kaufen sollte. Allerdings haben die am Freitag veröffentlichten CFTC-Meldungen zu den spekulativen Positionen an der Chicagoer Futures-Börse zutage gefördert, dass die dortigen Euro-Long-Positionen abermals am Dienstag zuvor einen neuen Rekord markiert haben. Deswegen ist es gut möglich – auch wenn diese Positionsmeldungen nicht repräsentativ für den Gesamtmarkt sein mögen –, dass es zu größeren Gewinnmitnahmen beim Euro gekommen ist. Und weil zum Wochenende auch unser wichtiges Niveau von 1,1785 verletzt wurde, verläuft der kurzfristige Aufwärtstrend des Euro nun flacher und wird derzeit durch eine Konsolidierung zwischen 1,1705 und 1,1915 gedämpft.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

[1] Allerdings wird die wöchentliche Arbeitslosenhilfe von 600 auf 400 USD reduziert. Von den 400 USD sollen nur 300 USD aus Bundesmitteln und 100 USD auf bundesstaatlicher Ebene erbracht werden.

[2] Die Arbeitgeber zahlen die Hälfte der Lohnsteuer, der sog. Payroll-Tax aus eigenen Mitteln, während die andere Hälfte vom Lohn der Arbeitnehmer einbehalten wird.

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1 Kommentar
  1. Antworten

    Miehling

    17. August 2020

    Interessanter Artikel. Vielen Dank, dass Sie uns über die Handelsmärkte auf dem Laufenden halten. Ich freue mich auf den nächsten Artikel.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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