Dollar am Morgen

Punktgenau und doch daneben

am
7. August 2020

EUR USD (1,1830)             Als ich gestern las, dass das Wealth Management einer Großbank sein Euro-Kursziel zum Jahresende gegenüber dem Dollar von 1,17 auf 1,20 angehoben hatte, konnte ich ein gelangweiltes Gähnen kaum unterdrücken. Denn die Marke von 1,20 liegt vom aktuellen Kursniveau gerade einmal knapp 1,5 Prozent entfernt und kann theoretisch bereits innerhalb weniger Stunden erreicht werden. Und unwillkürlich stellte ich mir die Frage, was wohl danach geschähe. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Handel für den Rest des Jahres – es handelt sich immerhin noch um knapp fünf Monate mit jeder Menge Ereignisrisiken – in einen Dornröschenschlaf verfiele.

 

Weg wichtiger als Ziel

Aber Punktprognosen dieser Art sind nun einmal von den Kunden der (Investment-)Banken gefragt. Und deshalb bekommen sie diese auch geliefert, ob sie nun Sinn machen oder nicht. Aber tatsächlich sind Punktprognosen zumindest aus psychologischer Sicht nicht besonders hilfreich. Denn sie können möglicherweise ein falsches Bild von Sicherheit vermitteln. Zumal es ohnehin keine weltbewegende Erkenntnis darstellen dürfte, dass bis zum Prognosezeitpunkt allerhand geschehen kann. Ganz davon zu schweigen, wenn derartige Vorhersagen revidiert werden müssen, weil das Objekt der Vorhersage unerwarteterweise eine kurstechnisch teure Exkursion in die falsche Richtung vollzogen hat. Viel wichtiger als das Ziel scheint mir der Weg dorthin.

 

Erste Rufe nach Interventionen

Aber zurück zum Tagesgeschäft und zur unmittelbaren Zukunft. Und dass diese einigen Kommentatoren und Marktteilnehmern in Sachen Euro-Entwicklung derzeit nicht wirklich in den Kram passt, sieht man bereits daran, dass, nachdem der Euro gestern ein neues 26-Monats-Hoch markiert hatte, mancherorts bald schon Zentralbank-Interventionen erwartet bzw. herbeigesehnt wurden. Natürlich würde die EZB zunächst ihr Missfallen an einer Kursentwicklung, die zu schnell und zu weit gelaufen ist, verbal zum Ausdruck bringen. Wobei ich mir eigentlich nicht vorstellen kann, dass eine Befestigung des Euro gegenüber dem Jahresanfangskurs von rund 1,12 die Alarmglocken in den EZB-Türmen schrillen lassen würde. Und Notenbankbeistand aus den USA wäre ohnehin nicht zu erwarten – US-Präsident Donald Trump käme ein schwächerer Greenback vermutlich sehr gelegen.

 

Verbesserung am Arbeitsmarkt?

Aber immerhin sah es gestern teilweise so aus, als ob der Euro weitere Abwärtskorrekturen über sich ergehen lassen müsste, zumal das Tageshoch nur marginal über demjenigen des Vortages lag. Beweggründe hätte es dafür genügend gegeben. Und wenn es auch nur die besser als erwartet ausgefallenen Zahlen zu den Erst- und Folgeanträgen auf Arbeitslosenhilfe in den USA gewesen sind. Immerhin waren die Erstanträge in der letzten Juliwoche auf den niedrigsten Stand seit der Corona-Pandemie gefallen und haben damit die Aufwärtstendenz der davorliegenden beiden Wochen unterbrochen.

Für heute steht nun die Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts für den Monat Juli auf der Agenda. Und Donald Trump hat uns ja am Mittwoch versprochen, dass die Zahlen wieder „big“ sein würden. Der Euro jedenfalls beendete gestern seinen Handelstag etwa dort, wo er ihn begonnen hatte; und zwar innerhalb seines kurzfristigen Aufwärtstrends. Dieser weist in seiner steilen Version immer noch Potenzial bis 1,2020 aus, unter der Voraussetzung, dass zwischenzeitlich das Niveau von 1,1785 nicht mehr unterlaufen wird.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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