Dollar am Sonntag

Stillstand und trotzdem gute Stimmung

am
13. Dezember 2020

Der Euro hat im Verhältnis zum US-Dollar in der abgelaufenen Handelswoche eine bemerkenswert enge, aber dennoch recht volatile Handelsspanne in der Größenordnung von nicht einmal einem Prozent durchlaufen. Seitdem sich die Covid-19-Pandemie in den Finanzmärkten niedergeschlagen hat, gab es nur eine Woche, in der der Euro-Handel in noch engeren Bahnen verlief. Dabei ist es nicht so, dass während der vergangenen Tage überhaupt nichts geschehen wäre. Aber es gab bei den wichtigen offenen „Deals“ eben mehr Stillstand als Fortschritt.

 

Nur kurzfristig von Bedeutung

Dies betrifft vor allen Dingen die Verhandlungen zu einem geordneten Brexit, bei denen zuletzt so wenig Fortschritte zu verzeichnen waren, dass sowohl der britische Premier Boris Johnson als auch die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen alles andere als optimistische Statements abgaben. Hört man nur auf die beiden, muss man eigentlich davon ausgehen, dass alles auf eine ungeregelte Scheidung zwischen Großbritannien und der EU hinauslaufen wird.

Die Devisenhändler schien diese deutlich gestiegene Wahrscheinlichkeit eines harten Brexits jedoch zumindest vordergründig nicht wirklich zu scheren. Sterling verlor in der abgelaufenen Woche gegenüber dem Euro rd. 1,5 bzw. gegenüber dem Greenback 1,7 Prozent an Wert. Zwar notierten im Optionshandel GBP/USD Risk-Reversals mit einmonatiger Fälligkeit so stark zugunsten von Sterling-Put-Optionen wie zuletzt im März dieses Jahres. Dagegen wird bereits auf Sicht von sechs Monaten für Pfund-Calls mehr bezahlt als für vergleichbare Puts. Kurzum: Kurzfristig mögen sich die Händler leicht besorgt zeigen, aber mittel- bis längerfristig scheint das Brexit-Thema die Devisen-Entscheider nicht mehr zu interessieren.

 

US-Verbraucherstimmung von Parteivorliebe abhängig

In den USA ist es in Sachen Konjunkturpaket während der vergangenen Tage auch nicht mehr weiter vorangegangen. Dennoch fiel der Index des Verbrauchervertrauens der Uni Michigan für den laufenden Monat in der vorläufigen Version deutlich besser als erwartet aus. Mit einem Wert von 81,4 wurden sogar die optimistischen Prognosen von Ökonomen übertroffen, wobei die Stimmung der Befragten je nach Sympathie für eine Partei offenbar sehr unterschiedlich ist.

So zeigten sich Fans der Demokraten hinsichtlich der künftigen ökonomischen Perspektiven deutlich positiver eingestellt als ihre republikanischen Pendants. In den fünf Monaten von August bis Dezember, so schrieb der für die Umfrage zuständige Chefökonom Richard Curtin, stieg der betreffende Unterindex der ökonomischen Erwartungen der „Demokraten“ um 39,5 Punkte, während derjenige für die  Anhänger der Republikaner um knapp 35 Punkte abrutschte. Mit anderen Worten: Nicht nur die Beurteilung der hohen Infektionszahlen und Todesfälle infolge der Covid-19-Pandemie, sondern auch die Bewertung der ökonomischen Fundamentaldaten scheint bei den Befragten stark von deren Präferenz für eine Partei abhängig zu sein.  

 

EZB-Beschlüsse ohne Folgen

Auf die Situation des Euro hat dies alles wenig Einfluss gehabt. Auch die Ergebnisse der jüngsten EZB-Ratssitzung haben sich in der Währungsbewertung kaum niedergeschlagen, nicht einmal die Tatsache, dass die Erhöhung des Volumens des Notfall-Anleihekaufprogramms (PEPP) um 500 Mrd. EUR „nur“ das Ergebnis eines Kompromisses gewesen sein soll. Tatsächlich hat die steile Version des Aufwärtstrends des Euros so lange Bestand, wie 1,2025 an der Unterseite unverletzt bleibt.

 

Hinweis

Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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