Dollar am Sonntag

Die Hoffnung schwindet

am
1. November 2020

EUR USD (1,1645)             Eine der wichtigsten Erkenntnisse der vergangenen Handelswoche dürfte gewesen sein, dass Aktienmarkt-Korrekturen nicht mehr wie in den Monaten zuvor von den Akteuren einfach weggesteckt werden. Hierzulande verloren DAX und EURO STOXX 50 nämlich rund 8,6 bzw. 7,5 Prozent an Wert, und in den USA sah es auch nicht besser aus. Natürlich könnte man als Hauptgrund die massiv gestiegenen Covid-19-Infektionen für die schwächste Aktienwoche seit dem Corona-Tief vom 19. März nennen. Aber diese Entwicklung war bereits in den Vorwochen erkennbar, und auch die neuesten Lockdowns (light) in der EU sollten keine Riesenüberraschung dargestellt haben.

Stützende Faktoren verschwunden

Aber es sind seit vergangenem Montag einige aufbauende Hoffnungs-Elemente für die Börsianer weggefallen. Über das auf Eis gelegte US-Konjunkturprogramm habe ich an dieser Stelle schon mehrfach berichtet, und ob es zu einem großen Stimulus-Paket kommen wird, hängt vom Ausgang der US-Wahlen ab. Auch gibt es nicht wenige Kommentatoren, aber auch Marktteilnehmer, die bei einem knappen Wahlergebnis, vor allem wenn dieses zu Ungunsten von US-Präsident Donald Trump ausfällt, von der Gefahr einer möglichen Verfassungskrise, begleitet von einer längeren Periode der Unsicherheit, sprechen.

 

Wirkungslose Geldpolitik?

Aber auch ein anderer Unsicherheitsfaktor ist in den Vordergrund getreten: Die als solche mancherorts wahrgenommene schwindende Feuerkraft der Zentralbanken. Auch wenn EZB-Präsidentin Christine Lagarde durchblicken ließ, dass bei der Dezember-Sitzung der Notenbank noch geldpolitisch nachgelegt würde, bleiben Zweifel über die Effektivität dieser Maßnahmen. Der Chef der österreichischen Notenbank, Robert Holzmann, brachte es am Freitag auf den Punkt, als er äußerte, [die EZB] habe zwar „viel Geld auf den Tisch gelegt“, aber trotzdem habe sich die Inflation kaum bewegt. Dies wird von der jüngsten Schnellschätzung der Oktober-Zahlen für die Eurozone bestätigt.

 

Zahlen ohne Wert

Blickt man indes auf die (vorläufige) Entwicklung des Wachstums in der Eurozone, so hätten die am Freitag publizierten Zahlen für das dritte Quartal eigentlich Mut machen müssen. Denn gegenüber dem Vorquartal war ein Plus von 12,7 Prozent bekannt gegeben worden, weit mehr als die Medianprognose der Ökonomen (+9,6 Prozent). Aber diese Daten sind schon wieder Makulatur. Denn die Entwicklung der Covid-19-Infektionszahlen deutet bereits darauf hin, dass eine sogenannte Double-Dip-Rezession unvermeidlich scheint.

Aber auch in den USA gab es eine Serie wichtiger Wirtschaftsdaten. Allerdings stießen sie angesichts der Covid-19-Situation und der US-Wahlen am kommenden Dienstag nur auf wenig Interesse. Dies galt selbst für den Index der persönlichen Verbrauchsausgaben (PCE), der im September gegenüber dem Vorjahr in der Kernrate um 1,5 Prozent gestiegen war. Die US-Notenbanker dürfte das zurzeit kaum beeindrucken, auch wenn es sich dabei um das von der Fed bevorzugte Inflationsmaß handelt.

 

Dollar als sicherer Hafen nur mäßig gefragt

Trotz aller Risikoaversion war der Dollar als „sicherer Hafen“ längst nicht so gefragt, wie es die Risikoaversion an den Aktienmärkten hätte vermuten lassen. Das Minus von 1,8 Prozent in der abgelaufenen Woche ist sogar geringer als der Euro-Rückgang von vor fünf Wochen, und für den gesamten Oktober beträgt es sogar nur 0,6 Prozent. Allerdings sind etwaige positive Ambitionen der Gemeinschaftswährung aus der vorvergangenen Woche durch die jüngste Entwicklung vorerst auf Eis gelegt. Der Euro bleibt also leicht angeschlagen, solange er sich unter 1,1785/90 bewegt.

 

Hinweis

Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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