Dollar am Morgen

Was Powell noch zu sagen hätte

am
27. August 2020

EUR USD (1,1830)             Seit ich mich vor einer Woche zu einem Kurzurlaub entschlossen hatte, hat sich zumindest in Sachen Euro-Wechselkurs zum US-Dollar so gut wie nichts getan. Zumal die Handelsbandbreite bereits an meinem zweiten Urlaubstag, dem 21. August, abgesteckt wurde: Sie betrug an diesem Tag etwas mehr als ein Prozent und wurde seither nicht mehr verlassen. Dies mag zum einen der Feriensaison geschuldet sein, aber dieses Argument hat für mich noch nie wirklich Gültigkeit besessen. Zumal die Reisetätigkeit (mich eingeschlossen) vor allem in diesem Jahr angesichts der Covid-19-Krise vielerorts deutlich eingeschränkt gewesen sein dürfte.

 

Immer noch ausgeprägte Positionen

Nun kann man die Trägheit des Euro, besser gesagt diejenige des Greenback, auch auf die vermutlich immer noch ausgeprägte Positionierung der Akteure zurückführen. Denn es spricht einiges dafür, dass der Devisenhandel nach wie vor durch eine starke Euro-Long Positionierung beherrscht wird. Dafür sprechen – wie immer nicht repräsentativ – auch die CFTC-Meldungen zu den Euro-Positionsdaten an der Chicagoer Futures-Börse, die sich auch per Dienstag vergangener Woche so gut wie nicht verringert hatten und sich immer noch fast auf Rekordniveau befanden.

 

Ereignisrisiko Jackson Hole

Während in den USA der S&P 500 und die Technologiebörse Nasdaq während der vergangenen Tage gleich mehrfach neue Allzeithochs markierten, schlug sich diese Risikofreude zuletzt allerdings nicht mehr in einem schwächeren Dollar nieder. Aber dies liegt vielleicht an dem heute beginnenden Treffen in Jackson Hole, wo sich in jedem Jahr Vertreter der globalen Zentralbanken versammeln. In diesem Jahr kommen sie allerdings nur virtuell zusammen. Aber was könnte Fed-Chef Jerome Powell, der heute eine Rede halten wird, noch von sich geben, wodurch der US-Dollar erneut markant unter Druck gesetzt werden könnte?

 

Wenn Powell zu wenig sagt

Tatsächlich erhoffen sich die Finanzmarktakteure vom – wie es ein Kommentator ausdrückte – „größten Ereignisrisiko dieser Woche“ etwa Hinweise darauf, ob die Fed in Zukunft dazu übergehen könnte, statt eines definierten Inflationsziels von 2 Prozent eine durchschnittliche Zielmarke über einen längeren Zeitraum hinweg anzupeilen. Da sich die Inflationsrate in den vergangenen Jahren deutlich unter dem Inflationsziel von 2 Prozent bewegte, bedürfte es in diesem Falle einer wahrscheinlich über Jahre hinweg höheren Inflationsrate, um den besagten Durchschnittswert tatsächlich eines Tages zu erreichen. Dies wiederum würde eine fortgesetzt lockere Geldpolitik implizieren. Woraus man aber nicht zwangsläufig sogleich auf einen schwächeren Dollar schließen muss, da jene Ankündigung wahrscheinlich vielerorts bereits eingepreist sein dürfte. Das größte Risiko wird daher wohl vermutlich darin bestehen, dass Jerome Powell bei seiner heutigen Rede keine neuen Hinweise auf den möglichen Kurs der US-Notenbank geben wird.

 

Per Saldo hat sich seit einer Woche ohnehin nichts an der Situation des Euro geändert, der sich nach wie vor in einer Korrekturphase innerhalb eines übergeordneten Aufwärtstrends befindet. Dabei besteht zwar das Risiko weiterer Abwärtskorrekturen in Richtung 1,1755 (darunter auch 100 Stellen tiefer!). Aber mit Überschreiten von 1,1910/15 dürfte sich die Situation für die Gemeinschaftswährung wieder stabilisieren.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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