Dollar am Morgen

Von Rekord zu Rekord

am
15. Juli 2021

Nun gab es gestern aus den USA einen weiteren Baustein in Sachen Inflation zu verarbeiten. Die Rede ist vom Produzentenpreisindex, der im Juni mit einem Plus von 1,0 Prozent (Kernrate ebenfalls +1,0 Prozent) gegenüber dem Vormonat deutlich über der Median-Schätzung der Ökonomen lag. Langsam frage ich mich, was wohl passiert wäre, wenn eine solche Zahl einmal hinter den Erwartungen der Experten zurückbliebe, denn die Marktreaktion auf die Zahlen fiel spärlich aus. Immerhin gibt es nun genug zu schreiben und zu lamentieren, denn es ist nicht nur von Rekordhochs und Serien ununterbrochener Preissteigerungen die Rede. Analysten und Kommentatoren haben also auch im Juli genügend Material, das ansonsten drohende Sommerloch bei den Finanzmedien zu erfüllen.

Die große Frage, die die Akteure natürlich bewegt, ist, wann der Zeitpunkt gekommen sein wird, dass die US-Notenbank auf die bislang steigenden Inflationsraten reagiert. Zumal nicht davon auszugehen ist, dass es beim für die Fed maßgeblichen Inflationsmaß, dem Index für die Privaten Konsumausgaben (PCE), einen anderen Trend als den vorliegenden geben wird.

 

Powell bleibt gelassen

Immerhin hätte Fed-Chef Jerome Powell gestern Gelegenheit gehabt, zu diesen Entwicklungen Stellung zu beziehen. Denn wieder einmal war das sogenannte Humphrey Hawkins Testimony, die halbjährliche Anhörung vor Ausschüssen des Kongresses, angesagt. Aber in der vorgefertigten Stellungnahme blieb Powell wohl ganz bewusst in Sachen „forward guidance“ vage und betonte stattdessen, dass die US-Ökonomie von einem wesentlich weiteren Fortschritt noch weit entfernt sei. Auch äußerte der Fed-Chef vor dem Bankenausschuss des Repräsentantenhauses, dass der Arbeitsmarkt lange brauchen werde, um sein früheres Niveau [vor der Pandemie] zu erreichen. Mit anderen Worten: Man muss sich als Finanzmarktteilnehmer derzeit offenbar keine Sorgen machen, dass die Diskussion über ein mögliches Zurückfahren der Wertpapierkäufe (Tapering) Fahrt aufnehmen könnte.

 

Heimische Börsianer zunehmend skeptisch

Geduld ist also weiterhin angesagt. Und natürlich wiederhole ich mich, wenn ich darauf hinweise, dass man frühestens im Herbst, vermutlich sogar erst zum Jahresende sagen kann, ob die derzeit vergleichsweise hohen Inflationsraten vorübergehender Natur sein werden. Tatsächlich bleibt der US-Notenbank nichts anderes übrig, als Ruhe zu bewahren. Dies scheinen auch die Teilnehmer an den Aktienmärkten zu sehen, wo es gestern in den USA teilweise, aber auch beim hiesigen DAX, zu neuen marginal höheren Allzeithochs gekommen ist. Dass die institutionellen Investoren hierzulande dem Anstieg des Börsenbarometers nicht viel Momentum zubilligen möchten, zeigt sich in der gestrigen Stimmungsumfrage der Börse Frankfurt, die ich HIER kommentiert habe. Denn der Pessimismus ist zumindest in diesem Panel wieder zurückgekehrt, vermutlich aber nur, um im Falle eines größeren Rücksetzers wieder auf der Seite der Nachfrager zu stehen.

Der US-Dollar ist allerdings gestern nicht erst aufgrund der letztlich taubenhaften Bemerkungen von Jerome Powell gefallen, sondern stand bereits seit dem Vormittag zunehmend unter Druck. Im gleichen Zuge hat der Euro sein wichtiges und weithin im Markt bekanntes Niveau von 1,1770 bislang halten und sich sogar etwas erholen können. Um allerdings den allergrößten Druck von der Gemeinschaftswährung zu nehmen, müsste immer noch 1,1895/00 überwunden werden.

 

Hinweis

 Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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