Dollar am Morgen

Von guten Daten und kritischen Investoren

am
2. Juli 2020

EUR USD (1,1265)             Zumindest eine wichtige Wirtschaftszahl hat der gestrige Tag offenbart. Die Rede ist von den neu geschaffenen Stellen in den USA, die die private Arbeitsmarktagentur ADP gestern veröffentlichte. Wir erinnern uns: Für Mai wurde uns eine Zahl präsentiert, die erheblich besser ausfiel als von den Ökonomen erwartet. Hatten diese damals im Mittel die Streichung von 9 Millionen Stellen prognostiziert, fiel der Abbau am Ende dann mit einem Verlust von 2,76 Mio. viel niedriger aus.

 

US-Arbeitsmarkt im Fokus

Für Juni weicht nun die von der Agentur ADP publizierte Zahl an neuen Stellen nicht so sehr von der Medianerwartung der Ökonomen ab wie im Mai. Statt der erwarteten 2,850 Millionen neu geschaffenen Stellen waren es nur 2,369 Millionen. Aber kein Grund zur Sorge: Denn die Mai-Zahl wurde drastisch millionenweise nach oben revidiert. So waren der Revision zufolge statt des ursprünglich gemeldeten Verlustes von besagten 2,76 Mio. Arbeitsplätzen vielmehr 3,065 Mio. Stellen hinzugekommen.

Und so fällt es schwer, eine sinnvolle Schätzung für die heute bereits anstehende Veröffentlichung des offiziellen US-Arbeitsmarktberichtes (Bureau of Labor Statistics) abzugeben. Analysten rechnen im Mittel immerhin mit einem Zuwachs bei den sogenannten Nonfarm Payrolls von rd. 3 Millionen neuen Stellen. Ob diese Schätzung noch einmal angesichts der Erfahrung mit der verfehlten ADP-Zahl nach unten korrigiert wird? Angesichts dieser vielen einander widersprechenden Daten dürfte es bestimmt einigen Akteuren gehen wie mir: Es wird einem schwindlig.

 

Übertriebene Impfstoff-Hoffnung

Aber man darf natürlich nicht zu kritisch sein. Denn am ebenfalls gestern publizierten US-ISM-Einkaufsmanagerindex für die Industrie gibt es nichts zu rütteln. Der landete nämlich mit einem Wert von 52,6 im Juni nicht nur im oberen Bereich der Markterwartungen, sondern auch noch zum ersten Mal seit Januar wieder oberhalb der 50er Expansionsschwelle für die Ökonomie.

Das einzige Argument, das gegen diese gute Zahl spricht, ist die Tatsache, dass sie bereits Makulatur sein könnten. Denn an der Covid-19-Front gibt es angesichts der jüngsten Sicherheitsmaßnahmen in Texas, Florida, Arizona und Kalifornien berechtigte Zweifel, ob die ökonomische Situation im Juli noch genauso viel Zuversicht wie heute verbreiten wird.

Tatsächlich dürfte den Akteuren an den Finanzmärkten zumindest unterschwellig klar sein, dass letztlich ein Impfstoff gegen das Corona-Virus gefunden werden muss, um dieser Bedrohung Herr zu werden. Und so ist es auch kein Wunder, dass die Aktienmärkte bei jeder noch so kleinen hoffnungsvollen Meldung in Sachen Impfstoff positiv reagieren. So auch gestern, als erste ermutigende positive Testergebnisse, durchgeführt von den Firmen Biontech aus Mainz und Pfizer, an einer ganz kleinen Gruppe von Menschen bekannt wurden.

 

Heimische Börsianer wieder pessimistischer

Während also die Aktienmärkte gestern per Saldo von einer leichten Risikofreude profitierten, konnte sich zumindest unter den von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Investoren keine positive Stimmung durchsetzen. Im Gegenteil: Die alte Skepsis ist mit Beginn des neuen Quartals wieder zurückgekehrt. Allerdings muss der wiederaufgeflammte Pessimismus, wie ich HIER ausgeführt habe, nicht von Dauer sein, will man sich doch möglicherweise nur eine günstige Ausgangsposition verschaffen, falls sich die eindrucksvolle Aktienmarktrallye des zweiten Quartals fortsetzen sollte.

Auch der Euro konnte sich gestern nach anfänglicher Schwächeneigung, die fast bis zu unserem ersten wichtigen Nachfrageniveau reichte, wieder gegenüber dem US-Dollar erholen. Einmal mehr zeigte sich die stabile Situation der Gemeinschaftswährung, die allerdings derzeit nicht für einen neuen Trend ausreicht. Das Umfeld bleibt für den Euro jedoch günstig, solange nunmehr 1,1135/40 nicht mehr unterlaufen wird.

 

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

Erratum: Im zweiten Absatz des heutigen Tagesberichts ist mir hinsichtlich der ADP-Revisionszahl für den Monat Mai ursprünglich ein Fehler unterlaufen, den ich umgehend korrigiert habe. Ich bitte das Versehen zu entschuldigen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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