Dollar am Morgen

Viel Getöse, wenig Konkretes

am
2. Juni 2020

EUR USD (1,1125)             Über das verlängerte Pfingstwochenende hat es im Großen und Ganzen zwei Einflussfaktoren gegeben, die sich auf die Finanzmärkte hätten auswirken können. Zum einen die teils gewaltsamen Auseinandersetzungen auf Amerikas Straßen nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem Polizeieinsatz in Minneapolis. Und zum anderen der Konflikt zwischen den USA und China, der noch bis Freitagnachmittag zu eskalieren drohte. Denn die USA hatten zuvor geäußert, es gebe keine Grundlage mehr dafür, Hongkong anders als China zu behandeln, wodurch sich eigentlich ernsthafte Folgen für den Handel ergeben müssten. Obwohl US-Präsident Donald Trump im Vorfeld am Freitag noch starke und bedeutsame Aktionen ankündigte, ergab sich diesbezüglich auf der Pressekonferenz am Freitagnachmittag nichts Konkretes, weswegen sich die Akteure an den Finanzmärkten hätten Sorgen machen müssen. Nichts zumindest, was auf eine Verstärkung des Konflikts zwischen den USA und China hingewiesen hätte.

 

Unruhen verdrängen Corona aus den Schlagzeilen

Vielleicht hatte es Donald Trump auch ganz bewusst vermieden, konkreter zu werden, um den Teilnehmern an den Aktienmärkten keinen Vorwand zu geben, sich zumindest kurzfristig risikoavers auszurichten. Zumal es durchaus Stimmen gab, die angesichts der Unruhen in mehreren US-Metropolen ihre Befürchtung zum Ausdruck brachten, dass sich die teils gewaltsamen Auseinandersetzungen auch auf die Wirtschaft des Landes negativ auswirken könnten. Indes: Die seit Tagen andauernden Auseinandersetzungen haben bislang nicht zu sichtbaren Verwerfungen an den Finanzmärkten geführt. Und das, obwohl das Thema die Corona-Krise in den USA fast völlig aus den Schlagzeilen verdrängt hat.

Tatsächlich dürfte die plötzliche Zurückhaltung Donald Trumps, gegenüber China den starken Worten nicht wirklich Taten folgen zu lassen, einem anderen Konflikt geschuldet sein. Denn der US-Präsident ist davon überzeugt, dass er für einen Wahlsieg im November vor allem einen starken Aktienmarkt benötigt. Dazu passt es nicht, wenn die Trump-Administration gleichzeitig China mit massiven Maßnahmen überzieht, die eine Eskalation im Konflikt um Hongkong bewirken und den US-chinesischen Handelsdeal in Gefahr bringen würden.

 

Ankauf von US-Landwirtschaftsimporten gestoppt

So gesehen kann man die chinesische Reaktion, die Quellen zufolge darin bestand, dass chinesische Regierungsvertreter staatliche Agrarkonzerne angewiesen haben sollen, den Ankauf einiger US-Landwirtschaftsgüter wie Sojabohnen und Schweinefleisch zu stoppen, noch als moderat bezeichnen. Wir erinnern uns: China hat im Rahmen des sogenannten Phase-eins-Deals, der im Januar unterzeichnet wurde, für das laufende Jahr immerhin den Ankauf von US-Agrargütern im Wert von 36,5 Mrd. USD zugesagt. Allerdings wurden infolge der Corona Pandemie zumindest in den ersten drei Monaten lediglich Güter im Wert von 3,35 Mrd. USD (vgl. Bloomberg) importiert, so wenig wie zuletzt im Vergleichszeitraum des Jahres 2007. Wobei wir jedoch nicht den Import von Sojabohnen aus den USA im Wert von mehr als 1 Mrd. USD in den ersten beiden Maiwochen unterschlagen wollen.

 

Etwas Euro-Optimismus

Während die US-Aktienmärkte gestern eine eher durchwachsene Performance mit einem leichten Tagesgewinn hingelegt haben, hat sich der Dollar den dritten Handelstag hintereinander mit einem Tagesverlust verabschiedet. Dies hat dazu geführt, dass der Euro im gleichen Zuge einen kurzfristigen Aufwärtstrend eingeschlagen hat, in dessen Verlauf sogar das Hoch vom 27. März (rd. 1,1145) überwunden wurde. Es ist aber unklar, ob der Euro tatsächlich durch eine anhaltende Risikofreude an den Aktienmärkten getrieben oder der Dollar auch aus anderen Gründen gemieden wird. Gut möglich, dass die Gefahr eines Auseinanderbrechens des Euro mancherorts nicht mehr als so groß wie noch vor zwei Wochen eingeschätzt und also die Zukunft der Gemeinschaftswährung etwas optimistischer gesehen wird. Auch wenn immer noch Zweifel bestehen, ob der Aufwärtstrend der Gemeinschaftswährung von Bestand sein wird, schätze ich die Situation des Euro zumindest so lange positiv ein, wie nun 1,0975 nicht mehr unterlaufen wird.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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