Rückkehr eines Mythos
Ein weiterer Tag, an dem sich der Dollar befestigt und der Euro abgeschwächt hat, liegt hinter uns. Und nach wie vor ist es nicht die Geschwindigkeit dieser Bewegung, die uns Sorgen machen sollte. Auch nicht die Tatsache, dass man für die Gemeinschaftswährung nun den dritten Tagesverlust hintereinander verbuchen muss. Vielmehr ist es bezeichnend, dass der Euro während der vergangenen drei Handelssitzungen nicht mehr in der Lage war, eine signifikante Gegenbewegung zu produzieren.
Für manche ein wichtiges Verkaufssignal
Dass der Euro langsam, aber sicher absäuft, geht auch auf das jüngste Narrativ zurück, demzufolge Europa nach überstandener Covid-19-Krise für eine konjunkturelle Erholung wesentlich mehr Zeit benötigen würde als die USA. Hinzu kommen die gestiegenen realen Anleiherenditen dortzulande, die auf das Ausland magnetisch wirken. Und dann hätte ich fast noch ein technisches Argument übersehen, gäbe es nicht den von mir so geschätzten Kommentator John Authers (Bloomberg). Dieser wies nämlich darauf hin, dass der Euro unter seine 200-Tage-Linie gefallen sei, was landläufig als Verkaufssignal gewertet wird.
Ausgesprochen profitabel
Nun bin ich bekanntermaßen kein Freund dieser mystischen 200-Tage-Linie (vgl. HIER), vor allem nicht, wenn einige Analysten zusätzlich behaupten, dass sie auf dem Weg nach oben als Widerstand und auf dem Weg nach unten als Unterstützung für den zugrundeliegenden Markt wirken würde. Dafür müsste es an diesen Durchschnittslinien entsprechende alte Schieflagen geben, die bei Erreichen besagter Linie glattgestellt würden. Aber ich muss in Sachen 200-Tage-Linie insofern Abbitte leisten, als das letzte Signal profitabel gewesen wäre, wenn man am 28. Mai 2020 Euro gegenüber dem US-Dollar gekauft hätte.
An jenem Tag hatte die Gemeinschaftswährung ihre 200-Tage-Linie zuletzt von unten nach oben überquert und ein Kaufsignal zu einem Kurs von etwa 1,1075 generiert. Die Glattstellung dieser Position wäre vor drei Tagen mit 1,1850, also mit einem satten Gewinn erfolgt. Und nun wäre man dieser Strategie zufolge Euro gegenüber US-Dollar short.
Allerdings muss ich gleich wieder Wasser in den Wein gießen, denn ein solcher Gewinn ist keineswegs eine Garantie dafür, dass der nächste Trade ebenfalls (so) profitabel wird. Im Gegenteil: Vor besagtem Kaufsignal am 28. Mai 2020 gab es etliche Fehlsignale durch mehrfaches Überqueren der 200-Tage-Linie in kürzeren Zeiträumen.
Wo ist das Stimmy-Geld geblieben?
In den USA macht man sich unterdessen Sorgen, wo denn die 1.400 USD geblieben sind, die viele US-Bürger während der vergangenen Tage aus dem riesigen Konjunkturpaket erhalten haben. Wir erinnern uns: Nicht wenige Analysten großer Bankhäuser gingen davon aus, dass dieses Geld, liebevoll auch „Stimmy“ (Stimulus Money) genannt, zu einem massiven spekulativen Run auf US-Aktien führen könnte. Dieser Run und damit verbunden eine weitere massive Aufwärtsbewegung ist bislang offensichtlich leider ausgeblieben. Möglicherweise, weil man mit dem Geld vielleicht doch etwas anderes anfangen wollte. Oder schlichtweg endlich die während der Pandemie aufgelaufenen Schulden bei Freunden und Verwandten abbezahlt hat (vgl. etwa meinen Kommentar vom 14.3. HIER).
Was den Euro angeht, bleibt dieser gegenüber dem Greenback in einem mindestens kurzfristigen Abwärtstrend mit Potenzial bis 1,1600/05. Eine erste Stabilisierung der Gemeinschaftswährung ist indes nunmehr nach Überschreiten von 1,1880/85 angezeigt.
Hinweise
Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.
Ab heute beginnt für den Dollar am Morgen für ein paar Tage in eine (vor)österliche Ruhepause – die nächste Ausgabe habe ich für
Mittwoch, den 7. April vorgesehen