Dollar am Morgen

Optimismus trotz Hängepartie

am
5. November 2020

EUR USD (1,1740)             Obgleich bis zum Ende der gestrigen europäischen Handelssitzung noch nicht abzusehen war, ob Joe Biden oder Donald Trump die Wahl zum US-Präsidenten gewinnen würde, hatten sich die Finanzmärkte bereits ein klares Bild gemacht. Dies ist umso bemerkenswerter, als zu diesem Zeitpunkt einiges darauf hinwies, dass Joe Biden im Falle eines Sieges eine schwierige Zeit vor sich haben würde.

Nicht nur, weil sich der amtierende US-Präsident Donald Trump bereits vorzeitig zum Wahlsieger ausgerufen hatte, obwohl die Auszählung der Stimmen noch längst nicht beendet war. Oder weil Trump den obersten US-Gerichtshof anrufen würde, um womöglich die weitere Zählung von Briefwahlstimmen zu verhindern. Selbst der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, machte gestern Abend deutlich, dass man noch nicht wisse, wer das Rennen um die Präsidentschaft gewonnen habe. Vielleicht mag das Mitch McConnell sogar relativ egal gewesen sein. Denn es sah fast so aus, als ob er seine Mehrheit im Senat nicht verlieren würde.

 

Blockadepolitik im US-Senat droht

Obwohl damit feststehen würde, dass die US-Demokraten mit hoher Wahrscheinlichkeit kein großes Konjunkturpaket durchbringen und auch andere wichtige große Vorhaben blockiert werden könnten, haussierten die Aktienmärkte. Vor allem hierzulande. Fast konnte man schon den Eindruck bekommen, die Börsianer hätten mehr Angst davor gehabt, die nächste Rallye zu verpassen, als sich angesichts eines noch offenen US-Wahlergebnisses in Furcht und Risikoaversion zu ergehen. Die gestrige Sentiment-Erhebung der Börse Frankfurt (vgl. meinen Kommentar HIER) zeitigte einen Optimismus, wie er zuletzt im März dieses Jahres zu beobachten war.

 

Die Angst, etwas zu verpassen

Offenbar setzt man im Zweifel mittelfristig ohnehin vorzugsweise auf weitere quantitative Lockerungsmaßnahmen der US-Notenbank, deren zweitägige Sitzung übrigens wegen der Wahlen erst am heutigen Tage endet, als auf fiskalpolitische Programme. Obwohl vor allen Dingen weitere Hilfen für die Arbeitslosen infolge der Corona-Krise dringend vonnöten wären. Dass sich in Sachen Arbeitsmarkt die Dinge nicht unbedingt zum Besten entwickeln, zeigt etwa die Zahl der gestern publizierten neu geschaffenen Stellen der privaten Arbeitsmarktagentur ADP, die mit 365 Tsd. Jobs im Oktober deutlich unter der Median-Schätzung der Ökonomen (+643 Tsd.) blieb.

 

Dollar trendlos, aber volatil

Unterdessen präsentierte sich der Dollar in volatiler Verfassung und zog insbesondere immer dann an, wenn sich die nach und nach einlaufenden Wahlergebnisse pro Donald Trump entwickelten. Der Euro konnte sich daher gestern früh in Fernost zunächst bis auf rund 1,1770 befestigen, um in der Folge um rund 170 Stellen zu fallen, als klar wurde, dass es keinen Erdrutschsieg der Demokraten geben würde. Und nachdem sich später die Auszählungsergebnisse zugunsten von Joe Biden zu entwickeln schienen, schwächte sich der Greenback abermals ab und beließ den Euro etwa dort, wo er den Handelstag begonnen hatte.

Damit bleibt die Gemeinschaftswährung trotz des deutlichen gestrigen Kursausschlags immer noch in neutralem Fahrwasser und wirkt weiterhin angeschlagen, zumal das Niveau für eine Stabilisierung bei nunmehr 1,1775/80 gestern knapp verfehlt wurde.

 

Hinweis

Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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