Ein unmoralisches Angebot
Gestern gab es eigentlich nur ein Thema, das die Devisenmärkte – und dort vornehmlich das britische Pfund – bewegte: Die nicht enden wollenden Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU. Und je nach Stand dessen, was von den Verhandlungen hinter den verschlossenen Türen durchdrang, schlugen die Kurse wie ein Seismograph nach der einen oder anderen Seite aus. Unterdessen werde ich nicht der Einzige sein, der aufgehört hat zu zählen, wie oft es schon hieß, es sei fünf vor zwölf und es bleibe keine weitere Zeit mehr für Verhandlungen. Und wer gestern auf die volatilen kurzfristigen Ausschläge tatsächlich handeln wollte, dürfte dabei wohl kaum reich geworden sein. Immerhin betrug die Handelsspanne des Euro gegenüber Sterling rund 1,4 Prozent.
Fragwürdiges Entgegenkommen
Heute möchte ich mich auf eine Geschichte konzentrieren, die mich gestern besonders aufgeregt hat. So berichtete die Financial Times, dass der britische Premierminister Boris Johnson der EU in einer kritischen Phase der Verhandlungen einen symbolischen Olivenzweig als Zeichen des Entgegenkommens angeboten habe. Und der Olivenzweig sollte darin bestehen, dass Johnson im Falle eines Deals diejenigen Bestandteile des britischen Binnenmarktgesetzentwurfs, der sogenannten Internal Market Bill, streichen würde, die gegen internationales Recht verstoßen. Wir erinnern uns: In diesem Gesetzentwurf werden wichtige Teile des Brexit-Abkommens mit der EU ausgehebelt. Ein Abkommen, das Premierminister Boris Johnson noch im Oktober 2019 nach schier endlosen und zähen Verhandlungen unterzeichnet hatte.
Unrechtmäßiges Verhalten als Verhandlungsmasse
Mit anderen Worten: Unrechtmäßiges Verhalten wird als Verhandlungsmasse eingebracht. Nach dem Motto, wie es ein EU-Diplomat etwa so ausdrückte: „Wenn Ihr macht, was wir wollen, dann verhalten wir uns gesetzeskonform, und wenn nicht, verstoßen wir eben gegen geltendes Recht.“ Eine Unart, die sich während der vergangenen Jahre immer mehr etabliert hat – man braucht nur in Richtung Donald Trump zu blicken.
Gegenüber dem US-Dollar hat der Euro gestern im Rahmen seines Aufwärtstrends keine Fortschritte verzeichnen können, zumal noch nicht einmal das Vortageshoch getestet wurde. Die immer noch gute Position der Gemeinschaftswährung bleibt jedoch weiterhin erhalten, solange sich Rücksetzer auf Kurse um 1,2020/25 beschränken.
Hinweis
Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.