Der Euro sinkt so vor sich hin
Nun ist der Euro gestern gegenüber dem US-Dollar nicht dramatisch gefallen, sondern eher stückchenweise abgebröckelt. Allerdings ohne sich zwischendurch nennenswert zu erholen. Bei ausländischen Kommentatoren war zu lesen, dass für diesen Rückgang vor allen Dingen die sich ungünstig entwickelnde Corona-Situation in der Eurozone, insbesondere in Deutschland, verantwortlich sein könnte. Inklusive dem hierzulande geplanten radikalen Lockdown über die Ostertage, mit dem Ziel, das wirtschaftliche, öffentliche und private Leben fünf Tage lang ruhen zu lassen. Zusätzlich zum ohnehin verlängerten Shutdown bis zum 18. April.
Dabei wurde nicht einmal die Uneinigkeit zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den Chef*innen der einzelnen Bundesländer hervorgehoben, die im Gegensatz dazu von den deutschen Medien wiederholt kritisiert wurde. Auch wenn diese Diskussionen mitunter nächtelang dauern, muss man doch anerkennen, dass sie zu einem demokratischen Entscheidungsprozess eigentlich dazugehören.
Wachstums-Schere geht auseinander
Aber am Ende blieb trotz all dieser unterschiedlichen Sichtweisen für die Devisenhändler eine logische Conclusio übrig: Man fürchtet vielerorts eine sich vergrößernde Wachstumsdivergenz zwischen einer lahmenden Eurozone und den USA. Natürlich auch mit Auswirkungen auf den US-Dollar. Und Letzterer hat sich gestern befestigt, ohne dass es wie sonst bei den US-Anleiherenditen, gemessen an den Bonds mit zehnjähriger Laufzeit, zu einem Anstieg gekommen wäre. Im Gegenteil, die Rendite besagter Papiere schwächte sich gestern sogar um bis zu rd. 6 Basispunkte ab.
Dies ist insofern bemerkenswert, als es gestern ein aufschlussreiches Interview mit einem Mitglied des Offenmarktausschusses der US-Notenbank gab. Die Rede ist von Robert Kaplan, dem Chef der regionalen Fed von Dallas. Kaplan scheint nämlich kein Problem damit zu haben, wenn die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen – und davon geht er offenbar aus – auf 2 Prozent steigen sollte.
Kaplan outed sich als Zins-Falke
Zumindest die Bond-Händler sind auf dieses Statement nicht eingestiegen. Vielleicht auch weil Kaplan – wie bereits auch schon FOMC-Kollegen vor ihm – steigende Anleihe-Renditen vor allem als einen Spiegel für steigendes Wachstum ansieht. Vielleicht auch, weil er in diesem Jahr im FOMC nicht stimmberechtigt ist. Aber es gab noch eine weitere Prognose von Kaplan: Die erste Zinserhöhung der Fed werde es im Jahr 2022 geben, so seine Mutmaßung. Und damit hatte er sich zumindest als einer der vier bislang anonymen FOMC-Mitglieder geoutet, die in den Zinsvorhersagen, den sogenannten Dot-Plots der Notenbanksitzung vor einer Woche, von einem solchen frühen Schritt ausgegangen waren.
Kurzum: Der Greenback war gestern trotz sinkender US-Anleiherenditen gefragt und drückte den Euro im Rahmen seines kurzfristigen Abwärtstrends weiter nach unten, wobei sich unterhalb von 1,1820/25 neues Schwächepotenzial in Richtung 1,1650 eröffnen sollte. Eine erste Stabilisierung ist auf der anderen Seite nach wie vor erst nach Überschreiten von 1,1990/95 zu sehen.
Hinweis
Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.