Dollar am Morgen

Conference-Call-Erwartungen

am
3. März 2020

EUR USD (1,1145)             Nun steht sie also heute oder morgen an, die Telefonkonferenz der G7-Finanzminister und Notenbanker. Eine Konferenz, an deren Ende Versprechen stehen sollen. Zum einen eine konzertierte Aktion, wie es der französische Finanzminister Bruno le Maire gestern ankündigte. Darüber hinaus erwarten die Händler die Ankündigung einer koordinierten Zinssenkungsrunde der Zentralbanken. Zwischenzeitlich preisten die Finanzmärkte bereits eine Zinssenkung der EZB von 20 Basispunkten in der kommenden Woche ein, die Bank of England wird mit einer impliziten Wahrscheinlichkeit von 63 Prozent (vgl. CME BoEWatch-Tool) den Leitzins um 25 Basispunkte senken. Die Bank of Japan wird sich wohl geldpolitisch „committen“, und in den USA wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Fed die Zinsen um 50 Basispunkte senken. Planmäßig in knapp zwei Wochen.

 

Hochgesteckte Erwartungen

Die Erwartungshaltung ist also hoch, und die einzige Frage, die sich stellt, lautet: Was werden die Finanzmarktteilnehmer mit diesen Erwartungen anfangen? Im Voraus Aktien kaufen? Das ist anscheinend gestern Abend geschehen, wenn man die Reaktion der US-Märkte sieht. Um jene dann womöglich auf höherem Niveau, wenn die Versprechungen bestätigt sind, wieder zu verkaufen? Ich kann mir vorstellen, dass es trotz wiederholt misslungener Versuche wie in der vergangenen Woche immer noch genügend Akteure gibt, die sich als sogenannter „Contrarian“ betätigen möchten. Denn man soll ja entgegen der Masse handeln und kaufen, wenn, nach einem Bonmot, das Carl Mayer von Rothschild zugeschrieben wird, „die Kanonen donnern“. Aber diese haben bereits die ganze letzte Woche gedonnert.

Mehr noch: Weil dieser Rat seit gestern wahrscheinlich bereits Massenmeinung geworden ist, erwarte ich von den durch die G7 möglicherweise verkündeten Maßnahmen bestenfalls ein kurzzeitiges Aufbäumen der Aktienmärkte, das nach dem Motto „buy the rumour, sell the fact“ bereits wieder verpuffen dürfte.

 

Fed mit mehr Zinssenkungspotenzial

Nun gab es hierzulande gestern aus dem EZB-Rat Stimmen (de Guindos, Wunsch), die zwar vermittelten, die EZB werde mit all ihren zur Verfügung stehen Instrumenten in geeigneter Weise bereitstehen. Aber es klang auch durch, dass die Zentralbanken nicht so allmächtig seien, dass sie das Virus mal eben erfolgreich bekämpfen könnten. Überhaupt müsse die EZB weder kurzfristig überreagieren oder etwa auf jeden negativen externen Schock reagieren. Ein Tenor, der nicht gerade den Anschein vermittelt, als verfüge die EZB über eine große Batterie an Maßnahmen.

Und so wird auch verständlich, warum der Euro gegenüber dem Dollar gestern abermals erheblich zulegen konnte. Da stehen auf der einen Seite die unterschiedlichen Leitzinserwartungen, weil die US-Notenbank noch mehr Munition als die EZB zu haben scheint. Und damit gingen gestern vermutlich auch weitere Auflösungen von Carry Trades einher, die vielerorts auf einen Euro zurückzuführen sind, der als Verschuldungswährung relativ an Attraktivität verliert.

Und so konnte die Gemeinschaftswährung die vergangenen sieben Handelstagen in Folge nicht nur ohne Tagesverlust beenden. Vielmehr hat ihr jüngster Aufwärtsimpuls die bisherigen Kursverluste in diesem Jahr fast wettgemacht. Außerdem bleibt der Euro stabil, solange er sich oberhalb von 1,0980 bewegt. Erste gute Nachfrage erwarten wir allerdings bereits bei 1,1080.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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