Dollar am Morgen

200-Tage-Linie ist kein Rubikon

am
15. April 2021

Nun ist der Euro gestern nicht durch eine besonders hohe Aktivität aufgefallen, so dass ich etwas Zeit hatte, mir den Kursverlauf der jüngsten Vergangenheit etwas genauer anzusehen. Und tatsächlich hat die Gemeinschaftswährung vor ein paar Tagen ihre 200-Tage-Linie wieder von unten nach oben überquert – ein Kaufsignal also. Ich habe dieses Signal vermutlich deswegen übersehen, weil für mich die 200-Tage-Linie sowieso unbedeutend ist. Und wenn ich einmal über diesen nicht totzukriegenden Mythos Aufhebens mache, ist es deswegen, weil in den Finanzmedien darüber geschrieben wird. Das ist am 9. April, also an jenem Tag, der besagter Überquerung durch den Schlusskurs des Euro gegenüber dem US-Dollar gefolgt ist, zumindest nicht mit großem Getöse geschehen.

 

Nur Gewinne sind interessant

Ganz anders als bei der vorvergangenen Überquerung der 200-Tage-Linie durch den Euro von oben nach unten am 23. März, die sogar von dem mir so geschätzten Kommentator John Authers (Bloomberg) seinerzeit ausführlicher erwähnt wurde. Auch ich konnte mich an jenem Tag (HIER) nicht zurückhalten und wies nicht umsonst darauf hin, dass die 200-Tage-Strategie oftmals Fehlsignale produziert. Auch wenn dann und wann ein profitabler Trade generiert wird, wenn man der Strategie konsequent folgt. Weil aber die letzte Transaktion vermutlich einen – wenn auch überschaubaren – Verlust generiert hätte, las man so wenig über das jüngste Kaufsignal. Ein Signal, das vermutlich ebenfalls nicht profitabel sein wird, weil sich die Gemeinschaftswährung zurzeit in einer Seitwärtsentwicklung befindet.

 

Renditepause setzt Dollar spürbar unter Druck

Was bis zum Ende vergangenen Monats dem Greenback zu einer kleinen Renaissance verholfen hatte, legt derzeit offenbar eine Pause ein. Die Rede ist von den bis Ende März gestiegenen US-Anleiherenditen, deren Aufwärtstrend seither etwas Luft zu holen scheint. Bemerkenswert dabei: Besagtes Luftholen hat etwa bei der Renditeentwicklung der US-Treasuries mit zehnjähriger Laufzeit seit Ende März gerade einmal rund zehn Basispunkte gekostet – ein Klacks, verglichen mit dem Renditeanstieg seit Anfang dieses Jahres in einer Größenordnung von über 80 Basispunkten in der Spitze! Ganz anders der Greenback, der zwar seit Jahresbeginn ebenfalls deutlich gestiegen ist, seit Anfang April allerdings so sehr ins Trudeln geriet, dass er gegenüber dem Euro innerhalb von zwei Wochen fast die Hälfte seines Jahresgewinns wieder abgegeben hat[1].

Und so befindet sich die Gemeinschaftswährung in einer kurzfristig trendlosen Seitwärtsentwicklung, mit stabilem Charakter, solange 1,1810/15 nicht unterlaufen wird.

 

 

Hinweis

Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

 

[1] Tatsächlich hat der Euro gegenüber dem US-Dollar vom 7. Januar bis zum 31. März dieses Jahres rund 5 Prozent an Wert eingebüßt und hätte mit Erreichen von 1,2015 die Hälfte dieses Verlustes innerhalb von zwei Wochen wettgemacht!

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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