Wirtschaft

Wir bleiben gute Freunde

am
1. August 2012

Der Vorschlag von Ifo-Chef Hans-Werner Sinn und Professor Friedrich Sell in der heutigen Ausgabe der Financial Times, Krisenländern der Eurozone einen vorübergehenden Austritt aus der Währungsgemeinschaft zu ermöglichen, mag vor allem für Euroskeptiker auf den ersten Blick attraktiv aussehen. Denn den Schuldenstaaten soll damit die Gelegenheit gegeben werden, eine eigene Währung etablieren, verbunden mit der Option, später gesundet in den Verbund zurückzukehren. Wenn dann auch noch historische Beispiele bemüht werden, die bis ins Jahr 1969 zurückgehen, als sich die damalige deutsche Regierung unter Willy Brandt für kurze Zeit dazu entschloss, sich vom festen Wechselkursmechanismus gegenüber dem Dollar zu lösen, um dann mit einer aufgewerteten D-Mark sich wieder an jenen zu binden, wirkt das allerdings nur auf den ersten Blick beeindruckend. Ganz davon abgesehen, dass es mir fragwürdig scheint, diese alten Geschichten von damals mit heute zu vergleichen, sollte man – wenn man schon dieses historische Beispiel auswählt – sollte man eines nicht vergessen: Der Druck auf den US-Dollar wurde seinerzeit so groß, dass nicht nur weitere Abwertungen erfolgten, sondern die Wechselkurse im Jahr 1973 völlig freigegeben werden mussten – unter anderem, weil eine Interventionspolitik der Zentralbanken zu teuer geworden wäre.

 

Wie beim „Schluss machen“ (Behavioral Loving?)

Wenn dann die Autoren ihren Beitrag auch noch mit dem Hinweis auf den positiven psychologischen Faktor eines temporären Austritts eines Mitglieds aus der Eurozone für die jeweiligen Regierungen und ihre Wähler beschließen, erinnert mich dies eher an eine kaputte Liebesbeziehung, bei der einer der beiden Partner mit den Worten: „wir können ja gute Freunde bleiben“  gerade „Schluss gemacht“ hat. Es möge dem Leser selbst überlassen bleiben, wie groß er die Wahrscheinlichkeit in solchen Fällen einschätzt, dass die beiden noch einmal zu einem Liebespaar werden – vermutlich tendiert jene gegen Null.

Aber nicht nur diese, sondern auch andere Geschichten haben unsere Leser im Juli interessiert. Allen voran unser Blog „Traust Du Deinem Gold-ETF?“. Besonders angesprochen hat auch der Beitrag „Sinnloses Anschreiben“, der sich mit dem offenen Brief von 172 Ökonomen zu EU-politischen Entscheidungen befasste. Auf Rang drei landete schließlich der Blogbeitrag „Das Gleichnis vom Auto“, der sich mit der volkswirtschaftlich Bedeutung des (Investment)Banking beschäftigte.

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5 Kommentare
  1. Antworten

    Daniel

    1. August 2012

    Nun ja, das mag ja so sein wie sie schreiben, aber so (wenn dem so ist, die Richtigkeit des folgend geschriebenen kann kaum einer überprüfen) kann es ja auch nicht weiter gehen:
    http://www.esm-vertrag.com/up/datei/rechtliche_und_wirtschaftliche_analyse___zusammenfassung.pdf

    Ich hab nicht alle Ihre Blog-Einträge gelesen (mal mehr mal weniger), aber vielleicht können sie uns mal erläutern, was genau sich hinter diesen drei Buchstaben verbirgt?!

    Beste Grüße Daniel

    • Antworten

      Joachim Goldberg

      1. August 2012

      Vielen Dank! Also, wenn Sie mir den Autor des Papers verraten, kann ich Ihnen sagen, wo Sie die Entschlüsselung für ESM finden 😉

  2. Antworten

    Daniel

    3. August 2012

    Jetzt wo sie mich darauf hinweisen, ist schon erstaunlich, was sich der Bund der Steuerzahler dabei denkt, keinen Autor zu nennen, …da kommt einem der Gedanke: Wird wohl seinen Grund haben. Aber trotzdem oder gerade deswegen: Was steht denn nun genau in diesem ‚Vertrag mit drei Buchstaben‘ über den die ganze Welt spricht? B.z.w. wer hat Ihn aufgesetzt?
    Ein Link dazu, wo man ‚zuverlässige‘ Informationen findet, würde schon reichen.

  3. Antworten

    Daniel

    9. August 2012

    Ja, Danke, …werd ich mal lesen.

    Beste Grüße Daniel

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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