Märkte

Schwerfällig wie ein Supertanker

am
1. August 2012

Die Schweiz sei das neue China der Währungen, ist in der heutigen Ausgabe der Financial Times zu lesen. Da mag tatsächlich was dran sein, denn die Währungsreserven des Landes sind in diesem Jahr nicht nur um 40 Prozent auf umgerechnet 375 Mrd. USD gestiegen, sondern das Land auf Platz sechs der globalen Halter von Fremdwährungen vorgestoßen ist. Die Ursache hierfür ist bekannt: anhaltende Deviseninterventionen, um den Euro gegenüber dem Franken stabil bei 1,20 zu halten.

Schlimm genug, dass es der SNB bislang offenbar nicht gelungen ist, die gekauften Euro nachhaltig wegzudiversifizieren, wenn man bedenkt das deren Anteil an den Währungsreserven im zweiten Quartal auf 60 Prozent gestiegen ist, während der Anteil der Dollar-Anlagen von 28 auf 22 Prozent schrumpfte. Offenbar sind die Währungsreserven der SNB so schwer steuerbar wie ein Supertanker.

 

Erfreuliche SNB-Gewinne…

Umso mehr erstaunt es mich, wenn Kommentatoren den Gewinn der SNB im ersten Halbjahr in Höhe von umgerechnet 5,4 Mrd. EUR bejubeln, der in erster Linie auf die auf 365 Mrd. CHF angeschwollenen Devisenreserven zurückzuführen sein soll. Mehr noch, soll dieser Gewinn dazu geeignet sein, dem SNB-Präsidenten Thomas Jordan den Rücken zu stärken und ihm so gegenüber seinen geldpolitischen Kritikern ein handfestes Argument zu bieten. Kritiker, die vor allen Dingen immer darauf verweisen, dass ein Kursrückgang des Euro sich negativ auf die Bewertung der Schweizer Reserven auswirken würde. Ein Argument, dem ich übrigens nicht folgen kann, denn ein Wertverlust des Euro gegenüber dem Franken würde sich erst dann negativ auswirken, wenn das Kaufversprechen der SNB nicht mehr eingehalten werden könnte.

 

…aber Diversifizierung ist noch nicht abgeschlossen

Viel mehr als die Frage, wie diese Währungsgewinne entstanden sind – vermutlich hat die SNB durch ihre Umschichtungen von Euro in andere Valuten selbst zu deren Anstieg beigetragen – treibt mich um, ob die Nationalbank angesichts ihres mittlerweile erreichten Schwergewichts im Devisenmarkt diese Profite wird jemals realisieren können. Bis dahin bleibt alles nur ein Rechenexempel.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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