Behavioral Living Gesellschaft

Endspiel auf Schalke

am
31. Juli 2012

Endspiel auf Schalke

Eigentlich heißt mein Verein SC Freiburg und nicht Schalke 04. Aber die Idee, in Gelsenkirchen einen Friedhof für Schalke-Fans in Gestalt eines Stadions anzulegen, hat mich doch nachhaltig gefesselt.   Dem Gründungsjahr entsprechend sind 1.904 Grabstätten geplant, so las ich, um den Treuesten der Treuen nach dem finalen Abpfiff die Möglichkeit einer Beisetzung mit Blick auf die Veltins-Arena zu ermöglichen, damit sie auch posthum noch bei jedem Spiel dabei sein können. Sogar Tore und einen Mittelkreis soll es auf dem Friedhofsrasen geben – nur wohl keinen Strafraum, denn wer wollte sich schon unter diesem Namen zur letzten Ruhe betten. Das klingt ja nach Schuld und Verdammnis oder zumindest nach einem Fegefeuer für zu viele Fouls im Leben. 1.250 Euro soll laut Bild-Zeitung die Reservierung für einen freien Platz in Schalkes Erde kosten und im Todesfall gibt es die Grabstelle inklusive Stein für 5.406 Euro mit einer Laufzeit von zunächst 25 Jahren. Die Bepflanzung des Fußball-Friedhofs wird natürlich in den Vereinsfarben, mit weißen und blauen Blüten erfolgen. Und vielleicht werden sich ja die Angehörigen ehemaliger Schalker Größen wie Ernst Kuzorra oder Stan Libuda noch dazu entschließen, ihre lieben Verstorbenen dorthin umzubetten. So viel Nähe zwischen Stars und Fans war nie!

 

„Schalke hilft“ für Bedürftige Fans

Glückauf!“, möchte ich der Vereinsführung am liebsten zurufen, denn dieser Gruß hat einst nicht nur die Hoffnung der Bergleute[1], wieder heil aufzusteigen und nach Hause zu kommen, zum Ausdruck gebracht, sondern auch den Wunsch, beim Graben nach Kohle und Erzen erfolgreich zu sein. Aber angeblich will der Verein  mit dem Friedhof ja gar kein Geld verdienen. Vielmehr soll eine Stiftung mit dem Namen „Schalke hilft“ sogar Gräber kostenlos an bedürftige Schalke-Fans vergeben.

 

Optionsanleihe

Und dann fielen mir wieder die Schalke-Bonds ein, die der Verein vor ziemlich genau zwei Jahren emittierte. Damals noch mit einem Kupon von 5,5 Prozent p.a. –  was für eine Bomben-Rendite! Aber unlängst legte der Verein noch nach und bot für eine weitere Anleihe sogar  6,75 Prozent auf sieben Jahre[2]. Von dem ursprünglich geplanten Volumen von 50 Millionen Euro konnten allerdings nur 35 Millionen bei Investoren und Privatanlegern platziert werden. Und als dann die Anleihe am ersten Handelstag an der Frankfurter Börse auch noch einbrach und fünf Prozent ihres Wertes verlor, fragte ich mich, ob man den Vereins-Managern nicht ein kostenloses Training in Behavioral Economics anbieten sollte. Hätten sie sich deren Erkenntnisse zunutze gemacht und den Zinskupon ihrer Anleihe ab einem bestimmten Volumen mit einer Option auf eine freie Grabstätte kombiniert, wäre die Platzierung nicht nur besser gelaufen, sondern der Friedhof auf Schalke auch schon bald überzeichnet gewesen.



[1] *Schalke war einst ein vom Bergbau geprägter Stadtteil von Gelsenkirchen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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