Behavioral Living

Verarmtes Deutschland – oder: Was Sie möglicherweise im vierten Quartal verpasst haben

am
19. Dezember 2012

Es dürfte wohl nicht allzu viele Menschen geben, die derzeit ihre zu Anfang des Jahres gemachten Vorsätze daraufhin überprüfen, ob sie diese auch eingehalten haben. Immerhin kann ich für mich in Anspruch nehmen, dass ich bis vor kurzem auf dem Cross-Trainer im Fitnessstudio regelmäßig meine Einheiten absolviert habe. Mit direktem Blick auf einen der acht TV-Bildschirme habe ich mir dann auch (einzig und allein aus beruflichem Interesse) Mitte Dezember wieder einmal „n-tv Deluxe – alles, was Spaß macht“ zu Gemüte geführt. Und da war sie wieder die Weihnachtssendung mit der herzlichen Begrüßung: „Hallo, liebe Milliardäre!“. Der Saison entsprechend ging es natürlich um adäquate Christbäume und deren sauteuren Schmuck für Superreiche. Da kommen schnell einmal weit über 10.000 Euro für einen Baum zusammen.

Weniger weihnachtlich, aber materiell ähnlich anspruchsvoll, handelte ein weiterer Beitrag der Sendung vom anstrengenden Beruf eines so genannten Personal Assistent: Hier personifiziert durch Mandy Zimmermann und Gabriele Wismar, die alle Hände voll zu tun hatte, einem gewissen Herrn G., kurzerhand mit Privatjet aus Zürich eingeflogen, seine mitunter extravaganten Wünsche von den Augen abzulesen. Aber erinnere ich mich richtig? Diesen Filmbeitrag hatte ich doch schon einmal Anfang des Jahres gesehen!

 

Weihnachten im Hotel

Und auch den nächsten Streifen, in dessen Mittelpunkt ein mit Nerzteilen bestückter Christbaum stand, hatte ich schon einmal vor Weihnachten 2011 gesehen. Ja, da war sie wieder, jene Geschäftsfrau, deren Weihnachtsbaum in der Hotelsuite  gerade noch rechtzeitig vor der Bescherung geschmückt werden konnte. Und auch den Spruch der wohlwollende Stimme aus dem Off, die der erfolgreichen Unternehmerin, die da ganz alleine auf ihrem Sessel thronte und den pelzbewehrten Baum anstarrte, empfahl: „Jetzt muss sie sich nur noch in Weihnachtsstimmung bringen“ habe ich ganz bestimmt nicht vergessen. Denn ich wünschte mir schon damals, dass ihr das dann hoffentlich gelingen würde.

Hat die Zahl der Superreichen offensichtlich so stagniert, dass n-tv Deluxe zur Erstellung seiner Sendung auf die Filmkonserven des Vorjahres zugreifen musste? Ist Deutschland möglicherweise in 2012 sogar verarmt? Uns sind jedenfalls die Themen unserer Behavioral-Economics-Geschichten auch in diesem Jahr nicht ausgegangen. Unsere interne Hitliste der meistgelesenen Beiträge des vergangenen Quartals zeigt allerdings eine ganz deutliche Tendenz: Marktthemen waren besonders gefragt, vor allen Dingen wenn es um den Euro ging. Den dritten Platz unserer meistgelesenen Blogs belegte dabei der Beitrag Euro-Krise: Der Hase und die Schildkröte vom 22.Oktober. Das Thema Wein Nicht alles ist rotes Gold brachte es auf Platz zwei und der meistgelesene Artikel des vierten Quartals (29. November) drehte sich um noch einmal um die Eurokrise: Griechenland nur Nebenschauplatz.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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