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28. September 2010

Man kennt die Szene: Drei Athleten stehen auf dem Siegerpodest und warten darauf, ihre Medaillen zu empfangen. Raten Sie Mal, welcher der Sportler das höchste und wer das geringste Glücksgefühl empfinden wird. Klar, der Goldmedaillengewinner ist meist auch der Glücklichste. An zweiter Stelle in der Glückshierarchie steht jedoch meist der Gewinner von Bronze und nicht wie man annehmen könnte der Athlet, der Silber bekommen hat. Eine Erkenntnis, die auf den unterschiedlichen Referenzpunkten der beiden Sportler beruht. Während sich nämlich der Inhaber des dritten Platzes mit all denen vergleichen kann, die es nicht auf einen Medaillenrang geschafft haben, bleibt dem zweiten eine undankbare Rolle. Er mag zwar besser als der Dritte abgeschnitten haben, was jedoch ein Bedauern über das Verfehlen des Siegerplatzes nicht ausgleichen kann. Nach dem Motto: „Ich hätte es doch fast geschafft, wenn nicht…“

Ähnlich mag es auch dem Verlierer der Wahl zum Vorsitzenden der britischen Labour Party, David Milliband, ergangen sein. Nicht weil ihm nur ein wenig schmeichelhafter zweiter Platz beschieden war. Nein, die Abstimmung ging auch noch denkbar knapp aus. Vielleicht hatte Milliband ja just mit Blick auf dieses Amt im vergangenen Jahr auf die Kandidatur zur Wahl des ersten EU-Außenministers verzichtet. Als ob das noch nicht genug wäre: Sieger um den Posten des Parteivorsitzes war ausgerechnet Davids jüngerer Bruder Ed.    

Immerhin bleibt David Milliband eines Tages der Trost, sich überhaupt der Wahl gestellt zu haben. Denn die meisten Menschen mögen einmal getroffene Entscheidungen kurzfristig zwar bereuen (commission). Doch langfristig bereut man das, was man nicht getan hat (omission) am meisten.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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