Dollar am Morgen

Plötzliches Comeback des Dollar?

am
20. August 2020

EUR USD (1,1845)             Es ist schon bemerkenswert, dass sich der US-Dollar gestern Nachmittag „quasi aus dem Nichts“ recht deutlich erholte und damit die Serie von fünf negativen Handelstagen in Folge beendete. Man konnte das ratlose Achselzucken der Händler, ihre Irritation, förmlich spüren. Denn so richtig wollte diese Gegenbewegung nicht ins Konzept passen. Daher auch die erste Reaktion einiger Trader: „Es gab doch gar keine Schlagzeile“. Was aber nicht ganz stimmt, wenn man etwa die online-Ausgabe des Wall Street Journal studierte.

Dort befasste sich nämlich gestern ein größerer Beitrag mit dem Wiederaufflammen der Covid-19-Infektionen in Europa. Aber ob dies der Auslöser für Euro-Verkäufe war, scheint fraglich. Zumal sich die Corona-Situation in Europa – selbst wenn man die zuletzt deutlich gestiegenen Infektionszahlen berücksichtigt – immer noch besser als in den USA darstellt. So weist das Wall Street Journal darauf hin, dass, wenn man den Sieben-Tages-Durchschnitt der Neu-Infektionen vergleicht, die Fallzahl pro Million Einwohner in den USA fünfmal höher sei als die in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und dem Vereinigten Königreich zusammengenommen.

 

Nur eine Überbrückung

Natürlich ist es nachvollziehbar, wenn sich die Akteure zunächst auch gestern auf einen schwächeren Dollar bzw. einen festeren Euro eingestellt hatten. Dabei muss man immer wieder betonen, dass die Gemeinschaftswährung momentan nicht über einen eigenen Antrieb verfügt. Vielmehr wird der Wechselkurs überwiegend vom Greenback getrieben. Und was die USA angeht, gab es hinsichtlich der festgefahrenen Verhandlungen für ein neues großes Stimulus-Paket auch nicht gerade Ermutigendes zu berichten.

Immerhin – sofern man am Mittwoch mit der Angelegenheit betrauten Quellen folgen möchte – soll es nun eine Art von Überbrückungsvereinbarung in einem Gesamtvolumen von gerade einmal 500 Mrd. USD geben. Das wäre gerade einmal die Hälfte dessen, was die Republikaner ursprünglich einmal als Verhandlungsangebot abgegeben haben. Und viel weniger als das, was sich die Demokraten zuletzt als „Treffpunkt in der Mitte“ (2,4 USD $) mit den Republikanern einmal vorgestellt hatten.

 

Hauptfaktor Markttechnik

Am ehesten lässt sich der gestrige Schwächeanfall des Euro gegenüber dem Dollar (besser gesagt dessen Stärke) technisch begründen. Denn die Gemeinschaftswährung befindet sich zwar im Aufwärtstrend und hätte diesen gestern umgehend fortsetzen müssen. Stattdessen tauchte der Euro wieder in seine frühere Konsolidierungszone ein. Mit dem gestrigen Rückfall hat sich gleichzeitig das Risiko erhöht, dass es sich beim tags zuvor geschehenen Ausbruch des Euro in Richtung 1,1965 um eine Fehlentwicklung („false break“) gehandelt haben könnte. Dies gilt insbesondere, wenn nun an der Unterseite 1,1810/15 nicht gehalten werden kann. Für diesen Fall wäre der vorherrschende Aufwärtstrend des Euro neuerlichen Abwärts-Korrekturen in Richtung 1,1715 ausgesetzt.

 

Hinweise

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

 

Urlaubsbedingt wird der nächste Dollar am Morgen

 erst wieder in einer Woche erscheinen

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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