Behavioral Living

Nicht nur zur Weihnachtszeit

am
6. Dezember 2013

Haben Sie auch schon alle Ihre Weihnachtsgeschenke gekauft? Oder plagen Sie sich immer noch damit, was Sie Ihren Lieben bloß schenken können? Zumindest in meiner Familie haben es sich die Erwachsenen abgewöhnt, einander zu beschenken. Aber nicht weil wir der Auffassung wären, dass Geschenke den eigentlichen Sinn des Weihnachtsfests entfremden. Vielmehr habe ich in meinem Bekanntenkreis immer wieder mitbekommen, dass sich die Beschenkten oft nicht über das gefreut haben, was sie an Heiligabend unter dem Christbaum vorfanden. Sei es, dass die Schwiegermutter prinzipiell nie den Geschmack ihrer Schwiegertochter treffen kann, weil sich die beiden ohnehin nicht wirklich mögen. Ein guter Freund wiederum erzählte mir, er habe eine ansehnliche und lang ersehnte Weinkaraffe bekommen. Aber der Kommentar der freundlichen Geberin, was das für ein tolles Schnäppchen bei einem Kaffeeröster gewesen sei, minderte seine Freude dann doch kolossal.  Für gute Stimmung ist also allemal gesorgt, so dass Weihnachten schnell vom Fest der Liebe zum Jahrmarkt der Enttäuschungen mutieren kann.

Tatsächlich sind viele Menschen keine guten Schenker, weil sie oftmals Dinge kaufen, die ihnen selbst gefallen, die andere sich aber selbst nicht kaufen würden. Wo doch Geschenke der Ideologie nach von Herzen kommen und vermitteln sollen, man habe sich etwas dabei gedacht. Und so hält man sich schon  nicht gerne an vorgegebene Wunschlisten, sondern wählt am Ende doch lieber selbst ein Geschenk für seine Lieben aus. Doch was oft als tolle Überraschung gedacht ist, wird vom Empfänger offenbar nicht so gesehen, wie die Erkenntnisse einer Studie zu Tage gefördert haben[1]. Während die Schenker glauben, dass die Empfänger Geschenke außerhalb der Wunschliste als gelungene Überraschung und also als besondere Form der Aufmerksamkeit ansehen, bevorzugen diese in Wahrheit Dinge, die auf ihrer Wunschliste stehen. Wo es doch den Schenkenden wahrscheinlich wesentlich mehr Mühe gekostet haben dürfte, sich etwas Originelles einfallen zu lassen…

 

Doch lieber Geld zu Weihnachten?

Richtig überraschend dürfte jedoch eine weitere Erkenntnis dieser Studie sein: Jenseits der Wunschlisten gibt es nämlich noch etwas, was Beschenkte noch lieber haben: Geld. Gerade an Weihnachten gilt ein Präsent aus Papierscheinen als ideenlos und unpersönlich, dennoch ziehen die meisten Menschen Geld einem Wunsch auf ihrer Liste vor. Wahrscheinlich, weil sie sich schlichtweg nicht trauen, so konkret nach Geld zu fragen.

Viele Menschen sind also nicht in der Lage, sich in andere ausreichend hineinzuversetzen und ihnen das Richtige zu schenken. Dennoch haben die Wissenschaftler etwas Tröstliches herausgefunden. Die zu Beschenkenden könnten es dem Schenker erheblich einfacher machen, wenn sie ihm die Auswahl aus einer Wunschliste ersparten und sich stattdessen auf einen einzigen Wunsch konzentrierten. Dann bestünde tatsächlich eine reelle Chance, dass Schenker und Beschenkte gleichermaßen ein gutes Gefühl haben. Der eine, weil er nicht zwischen mehreren Optionen entscheiden muss, und der andere, weil er das bekommt, was er selbst für sich am sinnvollsten findet. Und auf diese Weise spart man auch eine Menge Geschenkpapier und Schleifchen.



[1] Gino, Francesca, Flynn, Francis J.: Give them what they want: The benefits of explicitness in gift exchange, Journal of Experimental Social Psychology 47 (2011) pp. 915-922

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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