Kurzer Ausflug
EUR USD (1,1770) Bis gestern Abend kurz, bevor die Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (FOMC) zu Ende ging, hatte der Euro kaum nennenswertes an Kursbewegung produziert. Aber bei einem Blick auf eine Chart konnte man schon den Eindruck gewinnen, dass die Akteure in den Startlöchern saßen, um den kurzfristigen Aufwärtstrend der Gemeinschaftswährung weiter nach oben zu treiben. Diese Startlöcher dürften sich kurz vor 1,1780 befunden haben. Und den Startschuss sollte vermutlich die Fed geben. Allein: Der Ausflug des Euro an der Oberseite war kurzlebig und kam bei rund 1,1805 zum Erliegen.
Quartalszahlen
Aber ich war gestern mental eigentlich schon eine Runde weiter. Denn für heute wird nicht nur die erste Schnellschätzung des US-Bruttoinlandsprodukts für das zweite Quartal erwartet. Vielmehr steht auch eine erste Schätzung für Deutschland an. Und die Medianerwartung der Ökonomen liegt hierfür bei einem Minus von 9 Prozent (ggü. Vorquartal). Für das US-BIP erwartet man hingegen noch viel Dramatischeres. In der mittleren Schätzung gehen die Ökonomen von einer Schrumpfung des BIP von knapp 35 Prozent gegenüber dem Vorquartal aus.
Obwohl ich mir nicht wirklich vorstellen kann, dass diese Zahl mittelfristig einen Position begründenden Charakter haben könnte, habe ich gestern trotzdem einen kleinen Blick auf das von mir vor Corona so geschätzte und viel beachtete Modell der Fed von Atlanta, GDPNow, riskiert. Seit Ausbruch der Pandemie waren die Prognosen ausgesprochen volatil und nicht brauchbar. Zumal in der Anfangsphase noch Wirtschaftsdaten in die Berechnungen eingingen, die naturgemäß zu stark der Realität hinterherhinkten, weil sie noch nicht die Corona-Folgen beinhalten konnten.
Referenzpunkte des Negativen
So berechnete GDPNow als erste Schrumpfungsschätzung Ende April „nur“ ein Minus von 12,1 Prozent. Der traurige Höhepunkt der negativen Vorhersagen des Modells lag bislang am 4. Juni bei -53,8 Prozent. Und die gestrige Berechnung kam dann allerdings schon der Medianprognose der Ökonomen recht nah (-32,1 Prozent, annualisiert und saisonbereingt). Zumindest haben die Finanzmarktteilnehmer nun zwei Anker, was schlecht und was richtig schlecht ist. Weitaus wichtiger als die BIP Zahlen dürften allerdings die ebenfalls heute zur Veröffentlichung anstehenden Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe der vergangenen Woche sein.
Fed-Sitzung ohne Überraschung
Zunächst gab es aber erst einmal die FOMC-Sitzung zu verarbeiten, von der sich kaum ein Marktteilnehmer etwas Sensationelles versprach. Ob Fed-Chef Jerome Powell die über das Corona-Hilfspaket streitenden Parteien im Kongress ermahnen würde, angesichts der unübersichtlichen ökonomischen Situation doch bald zu einem Kompromiss zu kommen?
Es gab dann tatsächlich keine Überraschung. Schon der Anfang des Statements des Offenmarktausschusses las sich genau wie zu erwarten: Die Fed verspricht, alle möglichen Werkzeuge zu benutzen, um die US-Wirtschaft in diesen herausfordernden Zeiten zu unterstützen. Natürlich wollte Powell gestern dem Kongress keine Ratschläge in Sachen Corona-Hilfspaket erteilen. Aber während der Pressekonferenz machte der Fed-Chef doch deutlich, dass die direkte Hilfe der Fiskalpolitik weiterhin vonnöten sei.
Der Euro bleibt jedenfalls in der steilen Version seines kurzfristigen Aufwärtstrends mit Potenzial bis 1,1865 (darüber auch 1,2020), solange nun 1,1630 an der Unterseite nicht mehr verletzt wird.
Hinweis
Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.