Hallo, Bedienung?
Sowohl an den Aktienmärkten hierzulande als auch beim Euro gegenüber dem US-Dollar konnte man es wieder einmal beobachten: An wichtigen US-Feiertagen gibt es wenig Eigendynamik. Ja, für den Euro in Relation zum US-Dollar fühlte es sich fast so an, als ob die anfängliche Mini-Stärke der Gemeinschaftswährung gestern früh sozusagen noch ein Relikt des auf Montag verlängerten US-Independence Day gewesen sei. Oder waren es gar Wirtschaftsdaten, die die Euro-Optimisten relativ schnell verstummen ließen? Nun bin ich kein regelmäßiger Beobachter des ZEW-Index, aber es ist gut möglich, dass die Erwartungen der Ökonomen bezüglich des Index viel zu hoch gesteckt waren. Aber bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass ein Großteil des gestrigen Euro-Rückgangs bei Publizierung dieses Datums schon längst absolviert war. Deswegen darf man davon ausgehen, dass die Euroschwäche womöglich den enttäuschenden Daten zum Auftragseingang der Industrie im Mai in Deutschland geschuldet gewesen sein könnte.
Personal dringend gesucht
Wenn man schon bei der Beurteilung von Währungen auf ökonomische Daten vertrauen möchte, waren dann die US-Zahlen am Nachmittag durchaus interessanter. Die Rede ist vom ISM-Einkaufsmanagerindex für die Dienstleister, der mit 60,1 für den Monat Juni selbst die pessimistischste Prognose von 60 Ökonomen unterlief – die Medianprognose lag immerhin bei 63,5. Dabei muss man bei diesem „schlechter als erwartet“ immer noch konzedieren, dass ein Wert von 60,1 Jammern auf hohem Niveau bedeutet.
Beim Blick auf die einzelnen Komponenten des Index fällt auf, dass der Index für die Beschäftigung unter die 50er-Trennlinie zwischen Expansion und Kontraktion gefallen ist. Und zwar, weil es zunehmend schwierig wird, offene Stellen mit qualifizierten Kräften zu besetzen. Da kann man zum einen natürlich sagen, dass die Arbeitnehmer nach der Pandemie nur langsam wieder in ihre alten Jobs zurückfinden. Zum anderen wird aber auch deutlich, dass manche(r) Arbeitswillige während der Pandemie möglicherweise auf einen anderen Job außerhalb von Barbetrieben und Gastronomie umgesattelt hat. Kurzum: Es gibt zu wenig Personal, um diejenigen, die nach der Wiedereröffnung und Zeiten des Lockdowns endlich wieder ausgehen wollen, zu bedienen.
Gefragte US-Staatsanleihen
Vielleicht könnten höhere Löhne etwas richten, aber der Preisdruck ist – so die Komponente für die bezahlten Preise des ISM-Index – mit einem Wert von 80,6 ohnehin schon sehr hoch. Umso bemerkenswerter, dass die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen gestern um rd. 9 Basispunkte abrutschte, und zwar auf den niedrigsten Stand seit dem 24. Februar! Die Art der Kursentwicklung lässt jedenfalls auch auf Stopp-Loss-Käufe im Anleihemarkt schließen.
Und so ist es kein Wunder, dass der US-Dollar nicht nur gegenüber dem Euro gestern stark gefragt war. Die Gemeinschaftswährung machte jedenfalls gegenüber dem Greenback die Gewinne der beiden vorangegangenen Handelstage zunichte und bestätigte damit einmal mehr ihren kurzfristigen Abwärtstrend. Und es ist nicht mehr weit bis zum viel beachteten Nachfrageniveau bei 1,1760/70. Insgesamt bleibt die Situation für den Euro jedenfalls ungemütlich, solange an der Oberseite nicht wenigstens (sieht unwahrscheinlich aus) 1,1910/15 überwunden wird.
Hinweis
Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.