Gesellschaft Politik Wirtschaft

Geheimbund Goldman

am
11. September 2012

Sah gestern den am 5.9. von ARTE erstmals ausgestrahlten Film „Goldman Sachs – eine Bank lenkt die  Welt“ und war zunächst beeindruckt, wenn nicht gar schockiert über das mächtige Netzwerk, das diese Investmentbank angeblich aufgebaut haben soll. Da kann einem nur angst und bange werden, wenn man der Darstellung der Filmemacher Glauben schenken möchte. So wurde gezeigt, dass in vielen leitenden Positionen von Politik und Wirtschaft, aber eben auch bei den Kontrollinstanzen, den Regulatoren, ehemalige Mitarbeiter und Entscheider von Goldman Sachs sitzen. Natürlich mit allen dazugehörigen Interessenskonflikten. Am Ende des Filmes konnte man fast den Eindruck gewinnen, es handele sich bei Goldman um eine Organisation, die sich der ganzen Welt bemächtigen möchte. Aber dies könnte man genauso gut über andere Organisationen, etwa den 47.000 Mitglieder starken ominösen Council on Foreign Relations, ein Zusammenschluss vieler mächtiger Persönlichkeiten aus den USA,  behaupten. Überhaupt erweist sich vieles, was der Film behauptet, als spekulativ. So suggestiv die Aneinanderreihung  von Konterfeis der Mächtigen auf einem schönen Bild wirken mag, bewiesen ist damit noch nichts. Vielmehr sind solche Mutmaßungen Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern.

 

Ein Repräsentativitätsirrtum?

Auch wenn die Dokumentation hier und da zur Überzeichnung neigt, indem man etwa OTC-Geschäfte als etwas Geheimnisvolles und Intransparentes darstellt oder auch zu bereitwillig unterschiedlichste Finanzinstrumente mit dem verdächtigen Begriff „Derivate“ belegt, sind bei mir doch einige Zitate ehemaliger Goldman-Mitarbeiter hängen geblieben, die mir zu denken geben. Nicht nur, weil sie in anderen großen Unternehmen genauso gut vorkommen können, sondern weil sie so sehr der Realität entsprechen, dass man den Rest der Dokumentation automatisch ebenfalls für wahr hält.

 

Es geht nicht nur um Geld

Man muss vielleicht nicht so weit gehen, dass man sich das Zitat eines Goldman-Händlers „Es reicht nicht, Erfolg zu haben, andere müssen scheitern“ zur Handlungsmaxime macht. Anscheinend geht es im fairen Wettbewerb nicht mehr nur darum, der Beste zu sein, sondern durch das Ausschalten der Konkurrenten den Wettbewerb gleichsam abzuschaffen. Dabei geht es den Protagonisten dieser Philosophie anscheinend mehr um Macht als um Geld: Der eigene Erfolg wird dadurch erhöht, dass man den Verlust des Konkurrenten wie einen eigenen Gewinn wahrnimmt. So zumindest ließe sich dieser unbedingte Wille zum Sieg aus Sicht der Behavioral Economics erklären.

Wer jedoch versucht, die bösen Finanzmärkte mit Regulierungen zu überziehen und sie dabei womöglich so stranguliert, dass sie nicht mehr funktionieren, wird nicht diejenigen treffen, die für das ganze Desaster seit 2007 verantwortlich sind. Denn das Hauptproblem besteht eigentlich in der Wertewelt, wie sie von einer Investmentbank wie Goldman, aber auch von vielen anderen Instituten vertreten wird.

Mehr dazu im zweiten Teil dieses Blogs, der morgen erscheinen wird.

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3 Kommentare
  1. Antworten

    Lars

    12. September 2012

    nachdem sie hier versuchen, die im film gezeigten machenschaften der goldmänner kleinzureden, muss ich mir die doku doch nochmal anschauen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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