Game-Stopp bei GameStop
Nein, Devisenhandel hat gestern kaum jemanden interessiert. Genauso wenig wie einige wichtige ökonomische Daten aus den USA. Dass dort das Bruttoinlandsprodukt in der ersten Schätzung im vierten Quartal 2020 gerade einmal um 4 Prozent (annualisiert) gestiegen ist, stellte für die Akteure keine Überraschung dar. Auch wenn die Medianschätzung der Ökonomen etwas höher lag. Und was die gestern ebenfalls publizierten Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe angeht, tue ich mich schwer, dass ich bei einem Zuwachs von 847 Tsd. Anträgen (Woche zum 22. Januar) schreiben soll, dass sie besser als von den Ökonomen im Mittel erwartet ausgefallen sind. Denn die Betroffenen warten weiterhin auf Hilfe aus dem Konjunkturpaket.
Überhaupt traten auch andere wichtige Daten wie die US-Quartalszahlen einiger Aktienunternehmen in dieser Woche oder der Ausgang der US-Notenbanksitzung am vergangenen Mittwoch in der Wahrnehmung der Akteure in den Hintergrund. Denn es gab Wichtigeres zu begutachten. Die Rede ist von den Aktien GameStop und Co., die auch die Schlagzeilen hierzulande füllten.
Die vielen Kleinen gegen die Großen
Nun wollte ich eigentlich nicht über den Battle einer der größten Anleger-Communities im Internet (Wallstreetbets auf Reddit) gegen einige Hedgefonds-Manager schreiben, bei dem – angeführt von der GameStop-Aktie – der Kurs mehrerer Aktien durch die Decke geschossen war (eine ausführliche Darstellung der Ereignisse finden Sie etwa bei faz.net HIER).
Die einen, die Hedgefonds, hatten die GameStop-Aktie in großem Stil in Form von Leerverkäufen „geshortet“. Die anderen, die Kleinanleger, taten sich unter anderem über vorgenannte Plattform zusammen und kauften unter anderem massiv Call-Optionen. Und zwar in einer Größenordnung, die die Hedgefonds durch Rückkäufe ihrer Short-Positionen in eine sogenannte Squeeze trieben, die bei GameStop in der Spitze zu Kursgewinnen von über 1.900 Prozent allein in diesem Monat führten.
Eine Geschichte, wie sie ein Moralphilosoph nicht besser hätte schreiben können. Die vielen Davids in Form von Kleinanlegern und Daytradern hatten den Goliath, die Hedgefonds, geschlagen. Die guten Aktienkäufer übermannten die „bösen“ Leerverkäufer; so stellte sich in meiner Wahrnehmung das gängige Narrativ dar. Auch wenn ich diese Klassifizierung in keiner Weise teile.
Regeländerung mit großer Wirkung
Für mich ist an dieser ganzen Geschichte nur eines wichtig: Sie stellt ein wichtiges Ingredienz zu einer Blase im Aktienmarkt – zumindest nach der Definition des Ökonomen Charles Kindleberger (vgl. meinen Beitrag HIER) – dar. Denn die Bewertung der GameStop-Aktie hatte vor allen Dingen deswegen stratosphärische Höhen erreicht, weil man sich als Trader sicher wähnte, jemanden zu finden, der bereit war, einen noch höheren Preis zu zahlen. Und das auch noch mit vergleichsweise geringem Einsatz mit Hilfe von Optionen mit starker Hebelwirkung. Es blieb nur noch die Frage, welche Aktien die Kleinanleger als nächstes in Form von organisierten Käufen in Angriff nehmen würden.
Im Margin-Würgegriff
Aber diesem Treiben ist nun zunächst Einhalt geboten worden. Und zwar in einer Form, wie man sie in den USA vom American Wrestling kennt. Der Außenseiter hat den Favoriten im Würgegriff und den Sieg fast schon in der Tasche, wenn da nicht plötzlich ein anderer Akteur von außen in das Geschehen eingreifen und dem Beinahe-Sieger einen Klappstuhl an den Kopf donnern würde und somit dem Favoriten doch noch zu einem unfairen Sieg verhilft.
So könnten dies zumindest die teilweise wütenden Trader erlebt haben, als, wie gestern geschehen, ein Broker „im Interesse seiner Kunden“ zeitweise keine neuen Aktien-Käufe in den normalerweise illiquiden Titeln von GameStop und Co., sondern nur das Glattstellen bestehender Long-Positionen erlaubte. Oder ein anderer Broker nur noch das Glattstellen im bereits Besitz befindlicher Optionen gestattete. Gepaart mit der Anweisung, dass Aktien-Long-Positionen bis auf weiteres mit einer ausgesprochen hohen und für Trader völlig unattraktiven Margin von 100 bzw. für Short-Positionen sogar mit einer Margin von 300 Prozent unterlegt werden müssen.
Zum Glück ist der EUR/USD-Handel so liquide, dass man nicht zu solchen Mitteln greifen muss. Dafür war es aber gestern vergleichsweise langweilig, zumal weder 1,2005/10 an der Unterseite (Auslöser für einen weiteren Momentumsverlust des mittelfristigen Aufwärtstrends) noch 1,2235 (zur Beendigung der Korrekturentwicklung) verletzt wurden.
Hinweis
Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.