Dollar am Morgen

Fast schon mega-bullish

am
18. November 2020

EUR USD (1,1875)             Ich freue mich jedes Mal auf die Fondsmanager-Umfrage der Bank of America (BoA). Und die gestern publizierte Erhebung war deswegen besonders interessant, weil sie den Umfragezeitraum vom 6. bis 12. November umfasste. Also einen zeitlichen Rahmen, der sowohl den immer klarer werdenden Sieg Joe Bidens bei der Präsidentschaftswahl in den USA umfasst wie auch die Verkündigung des Durchbruchs, der Biontech/Pfizer offenbar bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Covid-19 gelungen ist. Und man kann das Ergebnis fast mit dem Prädikat „mega-bullish“ (für Aktienmärkte) versehen.

 

Beinahe überhitzt

Nun ist die Kassenquote der Fondsmanager von 4,4 auf 4,1 Prozent zurückgegangen und ist damit niedriger als vor Beginn der Covid-19-Krise. Und nach den Regeln der BofA-Erhebung würde sich unter einem Wert von 4,0 Prozent sogar ein (antizyklisches) Verkaufssignal ergeben. Besonders bemerkenswert: In den vergangenen sieben Monaten ist die Kassenquote um 1,8 Prozentpunkte und damit so schnell wie noch nie gefallen. Und zu dieser bullishen Stimmung gesellt sich dann auch noch die große Gruppe von netto 46 Prozent der Befragten[1], die nach eigener Aussage in Aktien übergewichtet sind. Ein Wert von mehr als 50 Prozent gilt übrigens als extrem bullish.

 

Eurozone weniger gefragt

Indes: Die Übergewichtung in Aktien der Eurozone hat sich seit der Oktober-Umfrage um 8 Prozentpunkte zurückgebildet, da nur noch netto 18 Prozent der Vermögensverwalter angaben, sich so positioniert zu haben. Höchstwahrscheinlich hat sich ein Teil der internationalen Fondsmanager während der Schwächephase in der zweiten Oktoberhälfte von den hiesigen Aktienmärkten zurückzogen und ist bislang auch nicht mehr zurückgekommen. Kurzum: Die Anfang November begonnene Rallye hierzulande wurde überwiegend von heimischen Investoren getragen.

Was die Wachstumserwartungen angeht, zeigten sich die Befragten allerdings regelrecht euphorisch. Denn netto 91 Prozent der Teilnehmer glauben, dass sich die globale Wirtschaft in den kommenden zwölf Monaten stärker als heute präsentieren wird.

 

Trübe Gegenwart als Kontrast

Aber zurück zur Gegenwart (die die Börsianer eigentlich weniger interessiert). Denn vor allen Dingen in den USA hat sich gestern die Realität im Kontrast zu den Impfstoff-Hoffnungen zurückgemeldet. Denn quer durch das Land ist nun mit neuen Lockdowns in unterschiedlich starker Ausprägung zu rechnen. Ganz davon zu schweigen, dass die Zahl der Covid-19-Neuinfektionen im Durchschnitt der vergangenen sieben Tage die Marke von 150.000 überschritten hat.

Aber auch die Entwicklung im US-Einzelhandel ist im Oktober ins Stottern gekommen. So sind die Umsätze im Vergleich zum Vormonat nur um 0,3 Prozent (Kernrate +0,2 %) gestiegen und somit deutlich hinter der Median-Erwartung der Ökonomen (+0,5 bzw. +0,6 %) zurückgeblieben. Indes: Die Aktienmärkte blieben unbeeindruckt, konnten aber auch nicht wirklich zulegen.

Den Euro zog es vorübergehend immerhin in Richtung auf knapp 1,19, aber am Ende der europäischen Handelssitzung blieb es mit einem Tagesgewinn von zehn Stellen nur bei einem halbherzigen Anlauf, etwas mehr Bewegung in den Markt zu bringen.  Die Gemeinschaftswährung kann sich nunmehr nur stabil halten, solange sie sich oberhalb von 1,1795 bewegt.

 

 

Hinweis

Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

[1] Das ist der Saldo, der sich aus denjenigen Fondsmanagern ergibt, die angaben, in Aktien übergewichtet zu sein, abzüglich derer, die dies nicht waren.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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