Behavioral Living Gesellschaft

Die Börse und das Böse III

am
28. Juni 2013

Nachdem ich im Mai den Zyklus über die Todsünden an den Finanzmärkten fortgesetzt hatte, gibt es nun einen dritten und letzten Teil. Wieder wird uns dabei interessieren, wie sich die althergebrachten Kategorien von Gut und Böse auf Basis der Behavioral Finance in ein neues, unserer Zeit und unserem Moralkodex entsprechendes Sündenregister übersetzen lassen. Vor allem aber werden wir untersuchen, welche Schwächen, Irrtümer und Verfehlungen systematisch auftreten und für Anleger und Investoren mit schöner Regelmäßigkeit zu einer unbefriedigenden Performance führen.

In der heutigen Sendung bei WGZ cognitrend TV geht es um die beiden Todsünden Trägheit und Zorn. Während es nicht schwer fällt, Zorn als ein oftmals ungezügeltes Verhalten mit manchmal extrem ungewissem und negativem Ausgang mit einer Todsünde in Verbindung zu bringen, scheint das für Trägheit eher nicht zu gelten. Sie könnte durchaus als Leichtgewicht unter den schwerwiegenden Verfehlungen bezeichnet werden. Dennoch: Bei Entscheidungen an den Finanzmärkten und auch im Privatleben kann sich Trägheit fatal auswirken. Und zwar gleich in mehrerer Hinsicht. Denn unter dem lateinischen Begriff acedia versteht man nicht nur Müdigkeit, sondern im weiteren Sinn auch Faulheit und Trägheit bis hin zur Ignoranz.

Trägheit gilt im heutigen Leben als absolutes „no go“. Sich nicht anzustrengen ist gleichbedeutend mit der Weigerung, das eigene Leistungsvermögen permanent zu optimieren. Andererseits können Trägheit oder Bedächtigkeit durchaus auch positive Seiten haben, vor allem wenn es um Geduld geht. Unter einem trägen Menschen stellt man sich häufig einen Faulpelz vor, der möglicherweise sinnlos seine Zeit auf der Couch liegend und fernsehend verbringt. Schwerer ließe sich das Bild eines Händlers oder Investors an den Finanzmärkten evozieren, der tatenlos Däumchen dreht und sich nicht um seine Anlagen kümmert. In der Behavioral Finance würde man daher eher von einer Trägheit bei Entscheidungen sprechen. Wie sich letztere auf unser (Anlage)verhalten auswirken kann, können Sie ab sofort in meinem dritten Web-TV-Beitrag sehen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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