Märkte

Anleger-Angst? Oder doch nicht?

am
9. Juli 2014

Der DAX geht runter, und schon sind die Ängste vor einer heftigen Abwärtskorrektur, zerplatzenden Blasen, schwarzen Schwänen et cetera wieder da. Wenn ich dann in der heutigen Ausgabe der Börsenzeitung lese, die niedrige Volatilität beim DAX treibe den Anlegern den Angstschweiß auf die Stirn, kann ich diese verstehen. Allerdings scheint es sich dabei nicht um diejenigen Akteure zur handeln, die den Volatilitätsindex VDAX am vergangenen Freitag auf den niedrigsten Stand seit Dezember 2006 gedrückt haben. Hohe Werte weisen nach gängiger Lesart auf Angst bis hin zu einer Panik hin, niedrige Werte sind nach Ansicht der meisten Akteure ein Zeichen für Sorglosigkeit. Möglicherweise sogar ein Indiz für eine bedenkliche Sorglosigkeit.

Sind die Anleger nun tatsächlich zu sorglos oder haben sie Angst? Oder ist es die Angst vor der Sorglosigkeit der Anderen? Ich vermute, dass diese Sorglosigkeit „der Anderen“ vor allen Dingen darauf beruht, dass negative Nachrichten, die in den vergangenen Wochen durchaus eine deutliche Abwärtsreaktion dies und jenseits des Atlantiks gerechtfertigt hätten, bislang keinen nachhaltigen Effekt zeitigten. „Die Anderen“ sind es wahrscheinlich auch, die Aktien gekauft haben.

Wer indes angesichts der extrem niedrigen Volatilität befürchtet, dass die Aktienmärkte am Ende doch noch richtig einstürzen könnten, weil wir schon so lange mit niedriger Volatilität zu tun haben, vergisst möglicherweise, dass der ganze Aktienmarktaufschwung von der Geldpolitik der Notenbanken profitiert. Eine Art der indirekten Intervention, die den Nebeneffekt hat, dass analytische Werkzeuge und gängige Muster zeitweise nicht funktionieren. Angst dürften konsequenterweise also diejenigen empfinden, die derzeit nicht im DAX engagiert sind.

Um herauszufinden, wer nun wie engagiert ist, gibt es wöchentlich die Stimmungserhebung der Börse Frankfurt, die ich hier kommentiert habe.

Überdies möchte ich noch turnusgemäß auf unsere Blogs hinweisen, die im vergangenen Quartal die größte Aufmerksamkeit erfuhren. Dabei waren ausschließlich Beiträge aus der Rubrik „Märkte“ gefragt. Auf dem dritten Rang landete Ruhe vor dem Sturm – oder wird es noch ruhiger?, hinter Wenn der Euro zu viel Angst macht. Beide Kolumnen beschäftigten sich mit der relativen Ruhe beim DAX (20. Juni) bzw. beim Euro (14. Mai). Auch der meistgelesene Beitrag Vorbereitung auf eine Katastrophe? vom 16. April 2014 hatte mit dem Euro zu tun und setzte sich mit dessen von der EZB für zu fest gehaltenen Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar auseinander.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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