Märkte

Vorbereitung auf eine Katastrophe?

am
16. April 2014

Es sind verschiedene Dinge an den Finanzmärkten, die mich derzeit zum Grübeln bringen. Zum einen irritiert mich, dass gestern einerseits argumentiert wurde, der DAX sei so stark gefallen, weil die Angst vor einer Zuspitzung des Konflikts in der Ukraine zunehme. Zum anderen sehe ich, wie etwa Gold als Krisenmetall am gleichen Tag deutlich an Wert verliert. Und der Euro ist nicht einmal mehr als ein Prozent von seinem Jahreshoch entfernt. Obwohl eine schwächere Gemeinschaftswährung angesichts der jüngsten Rhetorik der Notenbanker durchaus gerechtfertigt wäre. Denn in den USA wird die Fed ihr Tapering-Programm, das Zurückführen der Anleihekaufprogramme, wahrscheinlich linear in 10-Milliarden-Dollarschritten fortsetzen, während die EZB den Eindruck erweckt, sie würde womöglich schon bald mit quantitativen Lockerungsprogrammen beginnen.

Tatsächlich hat der Euro bislang nicht nennenswert darauf reagiert, weil vermutlich niemand in der Finanzgemeinde an einen solchen Schritt glaubt. Dies mag daran liegen, dass die jüngsten Kommentare von EZB-Präsident Mario Draghi, Benoît Cœuré und Jens Weidmann vor allem um den Euro und seine etwaige deflationäre Wirkung auf die Konjunktur kreisten. Ich finde es schon bemerkenswert, dass man seitens der EZB in aller Seelenruhe zugesehen hat, wie der Euro seit Sommer 2012 gegenüber dem US-Dollar gut 14 Prozent an Wert gewonnen hat. Ende Dezember 2013, als der Euro schon einmal ähnlich hoch wie heute stand, hat dies bei der EZB kaum jemanden geschert. Tatsächlich notiert der Euro doch nicht einmal zwei Prozent über seinem durchschnittlichen Wechselkurs, seit die Finanzkrise im vierten Quartal 2008 begann!

 

Scheingefecht

Muss also tatsächlich der Außenwert des Euro als Auslöser für ein milliarden­schweres quantitatives Lockerungsprogrammen, also für unkonventionelle Maßnahmen herhalten? Soll die EZB nur wegen eines Wechselkurses von 1,40 USD ein so hohes Commitment mit schwer überschaubaren Folgen eingehen? Als vorbeugende Maßnahme gegen ein drohendes, aber höchst umstrittenes Deflationsszenario? Nur wenige können sich derzeit so etwas tatsächlich vorstellen.

Außer wenn ein ökonomischer Schock direkt bevorstünde.

Dann würden selbst Zinsfalken wie Bundesbankpräsident Jens Weidmann umdenken.

Ich persönlich halte die Geschichte vom zu hohen Wechselkurs für ein Ablenkungsmanöver.

Die von der Börse Frankfurt wöchentlich befragten Investoren scheinen indes keine Katastrophe aufziehen zu sehen. Jedenfalls geben die Umfragewerte, die ich hier analysiert habe, dafür keinen Anhaltspunkt her.

SCHLAGWÖRTER
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5 Kommentare
  1. Antworten

    Klaus Goldberg

    17. April 2014

    Ich begrüße jede Finanz-Katastrophe, die durch einen Reset, die Menschheit auf einen naturhumanen Pfad rückbesinnt. Natürlich nur, wenn dadurch alle Leidgeneratoren beseitigt werden und sich die Menschen auf Frieden, wirkliche Freiheit durch die Vollendung mit freien Energien einstimmt.
    Geld und Marktwirtschaft sind massive Leidgeneratoren, mit denen die Menschheit nicht umgehen kann !
    Ich weiß, daß das kein konstruktiver Beitrag für diese Website ist, aber es wird noch genug Erwachen geben ( so oder so ), für alle die das Geld „anbeten“ !

    Es grüßt Klaus Goldberg

  2. Antworten

    Christian D.

    18. April 2014

    Ablenkungsmanöver klar. Nur von was, Herr Goldberg?

    • Antworten

      Joachim Goldberg

      18. April 2014

      Vielen Dank für Ihre Frage. Ich habe darauf auch keine eindeutige Antwort zur Hand. Immerhin stand der Kurs der Gemeinschaftswährung Mitte 2011 gegenüber dem US-Dollar schon einmal bei knapp 1,50 und vor Ausbruch der Finanzkrise im dritten Quartal 2008 sogar bei mehr als 1,60 Dollar. Man kann also dem Euro derzeit weder einen historisch exorbitant hohen Stand noch eine hoch volatile Entwicklung seines Außenwerts – das Gegenteil ist der Fall – bescheinigen.

      Ich habe bereits vor etwa zehn Tagen zur Haltung von Bundesbankpräsident Jens Weidmann gegenüber quantitativen Lockerungsmaßnahmen (hier) Stellung genommen. Dabei hat sich an meinem Eindruck nichts geändert, dass man nicht umsonst über unkonventionelle quantitative Lockerungen innerhalb des EZB-Rates gesprochen und sogar Simulationen über die möglichen Wirkungen solcher Maßnahmen hat durchspielen lassen. In der Vergangenheit hat die EZB, und zu früheren Zeiten auch die Deutsche Bundesbank, wenn der Wechselkurs des Euro bzw. der D-Mark eine unerwünschte Entwicklung nahm, neben dem Zinsschwert auch zum Instrument der Deviseninterventionen – wenn auch mit recht unterschiedlichem Erfolg – gegriffen. Davon ist zurzeit jedoch nicht die Rede.

      Wenn unkonventionelle Maßnahmen zum Einsatz kommen, dann nicht in erster Linie wegen eines zu festen Euro, zumal sowohl EZB Präsident Mario Draghi als auch andere Mitglieder des Rates auf längere Sicht derzeit keine Deflation sehen. Zum Einsatz könnten diese Instrumente dennoch kommen, wenn eine massive Krisensituation für die (Banken der) Eurozone droht, weil beispielsweise die Wahrscheinlichkeit der Zahlungsunfähigkeit einer wichtigen Nation massiv angestiegen sein könnte, von der die breite Öffentlichkeit möglicherweise nichts mitbekommt. Zumindest erfolgten quantitative Lockerungsmaßnahmen dann natürlich im Namen der Deflationsbekämpfung und im Rahmen des Auftrags der EZB, für Preisstabilität zu sorgen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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