Behavioral Living

An der Uhr gedreht

am
6. November 2013

Überall wird gespart. Vor allem am Service. Das musste ich auch neulich feststellen, als ich in meinem Urlaub nach Tel Aviv aufbrach. Früher hatte die Lufthansa auf dieser Strecke deutlich größere Maschinen eingesetzt. Heutzutage sitzt man während dieses Linienflugs vier Stunden lang in der Economy-Klasse eingezwängt, links und rechts machen einem die Sitznachbarn den knappen Raum streitig, und vorne stoßen die Knie an die Rückenlehne der nächsten Reihe. Wer die Unverschämtheit besitzt, größer als 1,80 Meter zu sein, hält das Stillsitzen in dieser zusammengeknautschten Lage nicht allzu lange aus. Viele Fluggäste, vor allem großgewachsene Männer, haben die meiste Zeit daher im Gang stehend zugebracht, zur Freude der Stewardessen, die mit ihren Wagen nicht an ihnen vorbeikamen. Auch vom viel gepriesenen Inflight-Entertainment-Programm – in erster Linie für die Kinder – war weit und breit nichts mehr zu entdecken, denn in der kleinen Maschine fehlte es naturgemäß an Bildschirmen.

Doch jeder etwaigen Beschwerde war der Kapitän sogleich beim Einsteigen zuvorgekommen. Während man ringsum noch das Handgepäck verstaute, meldete er sich bereits zu Wort und bat seine Passagiere darum, ihren Unmut über die drangvolle Enge in der kleinen Maschine doch bitte nicht am Kabinenpersonal auszulassen. „Sie können nichts dafür“, nahm er seine Kollegen in Schutz. Vielmehr sehe sich die Lufthansa gezwungen zu sparen und setze daher auf kleinere, aber dafür gut besetzte Maschinen. Da hat sich also tatsächlich einmal jemand für seinen Arbeitgeber entschuldigt und indirekt eingeräumt, dass er selbst auch lieber einen Jumbo geflogen hätte. Zwei Toiletten für einen viereinhalbstündigen Flug mit einem voll besetzten Airbus A 321 (das sind gut 150 Menschen) von Tel Aviv nach Frankfurt – da kommt Freude auf. Aber nicht nur der Economy-Flieger muss leiden, auch in der Business Class müssen sich die Kunden auf den harten „Campingstühlen“ niederlassen.

 

Wie man seine Lage ein bisschen verbessern kann

Auch wenn ich mir für diesen Flug recht viel Lesestoff mitgenommen hatte, machte sich spätestens nach zwei Stunden mein Rücken schmerzhaft bemerkbar. Und dann zieht sich so ein Flug in die Länge. Dabei hätte ich zumindest bei der Zeitumstellung mit den Erkenntnissen der Verhaltensökonomie mein subjektiv empfundenes Unwohlsein zumindest ein wenig aufbessern können. Denn auf dem Flug von Israel nach Deutschland wird die Uhr um eine Stunde zurück gestellt. Wenn man dies gleich am Anfang der Reise macht, macht es für die eigene Wahrnehmung keinen allzu großen Unterschied, ob man nun vier plus eine Stunde Zeitumstellung zurücklegt. Doppelt schmerzhaft wird die Angelegenheit jedoch, wenn man wie ich – und da hatte ich zugegebenermaßen nicht aufgepasst – erst kurz vor dem Ziel noch einmal die Uhr von diesem Referenzpunkt um eine Stunde zurückstellen muss. Das fühlt sich an, als ob man kurz vor Erreichen eines heiß ersehnten Ziels noch einmal derb zurückgeworfen wird.

P. S.: Für den Hinflug hätte übrigens genau das Gegenteil gegolten. Denn wenn die Uhr aufgrund einer Zeitverschiebung vorgestellt werden muss, sollte man dies tunlichst gegen Ende der anstrengenden Reise tun: Das erfreuliche Gefühl mit einem letzten Riesenschritt in Richtung Referenzpunkt Ankunftszeit zu springen, sollte man nicht unterschätzen.

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2 Kommentare
  1. Antworten

    Pilot

    6. November 2013

    M.E. Eher ein ueberfluessiger Artikel Hier. Niemand zwingt Sie sich in ein Flugzeug zu setzen oder in die Ferien zu fliegen, Sie koennen frei waehlen ob Sie sich das fuer den doch eher kurzen Flug „zumuten“ moechten. Zudem sind Sie mit einem A321 doch reichlich gut bedient wenn man von ‚klein‘ spricht.. Kleiner Tipp fuer den nächsten Flug: probieren Sie mal einen overwing seat in der E class, ergibt rund 12 cm mehr Beinfreiheit Sie Noergel-Pax, oder besser, fliegen Sie gar nicht mehr. Übrigens genau jene welche immer günstigere Fluege erwarten sind die Ursache fuer die Sparmaßnahmen der Fluggesellschaften damit diese das anbieten koennen. Was Sie hier alles bemängeln sind nur die Symptome dieser arroganten Erwartungshaltung. Sollte Ihnen Ihr Flug und ihre Ferien allerdings mehr bedeuten, können Sie dies auch jederzeit mit einer entsprechenden Platzbuchung ausdrücken und so ziemlich relaxed reisen.

    • Antworten

      Joachim Goldberg

      6. November 2013

      Sie haben doch sicherlich meinen Text genau gelesen: Wenn alles so prima wäre, warum hat sich dann der Kapitän, bevor wir überhaupt auf die Startbahn rollten, bei uns Fluggästen entschuldigt? Das klang ganz so, als wollte er den üblichen Beschwerden, die wohl bei jedem dieser Flüge auf das Bordpersonal niedergehen, zuvorkommen. Daraus schließe ich, dass ich bei weitem nicht der einzige „Nörgel-Pax“ an Bord gewesen bin. Aber vielen Dank für den Tipp mit dem overwing seat. Aber wie mir ein Vielflieger, der neben uns saß, versicherte: Die guten Plätze sind, so frühzeitig man auch eincheckt, immer schon weg – komisch. Übrigens: Ob Sie nun im Cockpit als „Pilot“ oder eben als „Business Traveler“ unterwegs sind; ich habe Sie sofort an Ihrer I.P. Adresse wiedererkannt. Guten Flug weiterhin!

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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