Märkte

Wie die US-Notenbankpolitik die Märkte lenkt

am
8. November 2013

Über den bisherigen Verlauf des Börsenjahres 2013 lässt sich zumindest zweierlei sagen. Zum einen hat sich der Aufwärtstrend des Vorjahres fortgesetzt und zum anderen ist deutlich geworden, wie wenig die Aktienkurse gerade während dieser Zeit den Fundamentaldaten gehorcht und wie selten sie auf politische Ereignisse reagiert haben.  Deswegen haben sich auch viele Expertenprognosen, vornehmlich die der Skeptiker, nicht bewahrheitet. Aber auch viele professionelle Akteure hatten ihre liebe Not, die Märkte richtig zu „lesen“ und profitabel zu handeln. Die Hauptursache hierfür ist in der Politik der US-Notenbank zu sehen. Wie schon im Vorjahr hat sie Anleihekäufe vorgenommen, die mittlerweile den Charakter massiver Interventionen angenommen haben. Mit anderen Worten: Die durch diese Politik induzierten Kapitalströme haben – unabhängig von allen volkswirtschaftlichen Betrachtungen – letztlich die Aktienmärkte dies und jenseits des Atlantiks sehr stark und überwiegend zum Positiven beeinflusst.

Allerdings reagierten die Akteure an den Finanzmärkten extrem nervös, als US-Notenbankchef Ben Bernanke im Mai dieses Jahres zum ersten Mal Anstalten machte, die Anleiheprogramme peu à peu zurückfahren zu wollen – eine Strategie, die den Namen „Tapering“ erhielt. Nicht nur die Aktienmärkte mussten Abschläge hinnehmen, auch die Renditen langlaufender Staatsanleihen zogen so schnell und kräftig an, dass sich Ben Bernanke und seine Kollegen im Offenmarktausschuss dazu genötigt sahen, von ihrem ursprünglichen Vorhaben, die monatlichen Wertpapierkäufe in Höhe von 85 Milliarden US-Dollar langsam zurückzufahren, Abstand zu nehmen. Die Finanzmärkte beruhigten sich in der Folge wieder, Aktienmärkte in den USA und Deutschland erreichten neue historische Höchststände und auch die Renditen länger laufender Bonds gingen wieder zurück.

Damit wurde aber auch klar: Die Notenbank wird ihre quantitativen Lockerungsprogramme nur dann – und wenn, nur langsam – zurücknehmen, sofern die ökonomische Lage der USA nachhaltig stabil bleibt. Deswegen kommt es zunehmend zu paradoxen Situationen: Auf den ersten Blick negativ zu bewertende Wirtschaftsdaten werden für die Aktienmärkte positiv interpretiert. Denn eventuell könnten sie bedeuten, dass die US-Notenbank weiter Geld drucken würde, was wiederum den Börsenkursen zugutekäme. Andererseits könnten extrem positive Daten das Gegenteil bewirken.

Deswegen ist es umso wichtiger, die Politik der USA und die Statements des für die Geldpolitik zuständigen Offenmarktausschusses angemessen und vor allem auch unter marktpsychologischen Gesichtspunkten zu interpretieren. So hat sich gerade in der jüngsten Vergangenheit gezeigt: Vorschnelle Reaktionen der Finanzmarktteilnehmer führen häufig in die Irre. Deswegen beschäftigt sich das neue Special von WGZ Cognitrend TV (hier) vor allem damit, wie die geldpolitische Linie der Federal Reserve zu bewerten ist.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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