Dollar am Morgen

Noch kein EU-Deal

am
20. Juli 2020

EUR USD (1,1425)             Dass die vergangene Handelswoche für den Euro am Ende doch noch mit einem ordentlichen Gewinn gegenüber dem US-Dollar abgeschlossen wurde, lässt sich sicherlich auch durch die Hoffnungen der Akteure auf einen positiven Abschluss des EU-Sondergipfels am Wochenende erklären. Dabei hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht zuletzt wegen des Streits um das historische EU-Milliarden-Paket zur Bekämpfung der Folgen aus der Corona-Krise die Erwartungen im Vorfeld und auch während des Gipfels immer wieder gedämpft.

 

Verhandlungen noch nicht beendet

Doch dass die am Freitag begonnenen Verhandlungen bis heute früh noch nicht beendet sein würden, hatten wohl viele Beobachter nicht erwartet. Nicht zuletzt, weil sich die Differenzen zwischen den sogenannten „Sparsamen Vier“ – Österreich, Dänemark, Schweden und den Niederlanden, zu denen sich im weiteren Verlauf noch Finnland hinzugesellte – und den übrigen EU-Mitgliedstaaten offensichtlich nicht überbrücken ließen.

Und so ist es auch noch nicht am frühen Montag zu einem Kompromiss gekommen. So soll nun mit 700 Milliarden Euro ein etwas leichter als ursprünglich geplantes Wiederaufbau-Paket geschnürt werden: Geplant war zuletzt (Stand Sonntagabend) unter anderem, die ursprüngliche Summe von 500 Mrd. der Zuschüsse aus dem Programm auf 400 Mrd. Euro zu verringern. Das verbleibende Volumen solle in Form von Krediten zur Verfügung gestellt werden, hieß es.

 

Vorpositioniert ins Wochenende

Immerhin präsentierte der Euro am Freitag nicht nur den vierten Wochengewinn hintereinander. Vielmehr haben sich auch noch die jeweiligen Kurszuwächse peu à peu vergrößert – zuletzt sprang sogar ein recht deutliches Plus von knapp 1,2 Prozent gegenüber dem Greenback heraus. Indes: Gemessen an den Tagesschlusskursen ist der Euro seit vergangenem Mittwoch nicht mehr richtig vorangekommen. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass viele internationale Fondsmanager bereits in der Gemeinschaftswährung engagiert sind. Denn die BofA-Juli-Umfrage hatte ja immerhin zu Tage gefördert, dass 42 Prozent der Befragten davon ausgingen, dass der Euro sich befestigen wird.

Aber auch die spekulativen Positionen der Chicagoer Futures-Börse, die die CFTC am Freitag veröffentlichte, weisen in eine ähnliche Richtung. Auch wenn man bedenken sollte, dass diese Zahlen nicht repräsentativ für den Gesamtmarkt sein müssen und überdies vom vergangenen Dienstag stammen, wird doch zumindest ein Stimmungstrend erkennbar. Danach stellten Euro-Long-Positionen nicht nur das mit Abstand größte Futures-Engagement der Akteure dar. Vielmehr befand sich deren Volumen mit 111.000 Kontrakten fast auf dem Jahreshoch (118.000 per 23. Juni). Mit anderen Worten: Viele Akteure haben sich bereits auf einen Euro-Anstieg eingestellt. Insofern scheint das Risiko eines Euro-Rücksetzers allein aufgrund dieser Positionierungen größer zu sein als die Chance auf einen kurzfristigen deutlichen Anstieg. Unterdessen bleibt der Euro in seiner freundlichen Verfassung, solange das Niveau an der Unterseite bei 1,1345/50 nicht verletzt wird.

 

US-Verbrauchervertrauen gedämpft

Interessantes gab es schließlich aus den USA zu vermelden. Dort sorgten bereits am vergangenen Donnerstag die Einzelhandelsumsätze für den Monat Juni nach dem schon starken Mai für eine positive Überraschung und führten dazu, dass der Corona-bedingte Einbruch im Einzelhandel fast vollständig wieder ausgeglichen wurde – auf der Grafik sieht die Entwicklung wie ein deutlich sichtbares V aus. Dass diese optimistische Interpretation einer ähnlich gearteten wirtschaftlichen Erholung bereits überholt sein könnte, vermittelten schließlich die Daten zum Verbrauchervertrauen der Uni Michigan. Dieses lag mit 73,2 nicht nur deutlich unter der Medianprognose der Ökonomen. Vor allen Dingen rangierte die Erwartungskomponente mit 66,2 nur ganz knapp über dem Umfragetief dieses Jahres. Kurzum: Neben den ungünstigen Entwicklungen an der Corona-Front dürfte die Konsumenten vor allem die Sorge wegen der in diesem Monat endenden Arbeitslosen-Hilfsprogramme umtreiben – sofern diese nicht verlängert werden

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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