Dollar am Morgen Märkte

Weihnachten kann kommen

am
16. Dezember 2019

EUR USD (1,1135)             Eigentlich verlief die vergangene Woche für US-Präsident Donald Trump ausgesprochen erfolgreich. Aber nicht nur für ihn, sondern auch für Boris Johnson, der mit seiner Konservativen Partei in Großbritannien einen Erdrutschsieg errang. Johnson kann sich nun auf 365 Abgeordnete seiner Partei im Unterhaus stützen, 39 Mandate mehr, als für die absolute Mehrheit nötig. Entsprechend deutlich war die Reaktion des britischen Pfundes, das gegenüber dem Euro in der vergangenen Woche zeitweise um 2,8 Prozent zulegen konnte.

 

Unterschätzte Brexit-Risiken

Von diesen 2,8 Prozent blieb allerdings nur ein magerer Wochengewinn von rund 0,9 Prozent übrig. Trotz des Jubels beim Wahlgewinner und der Erleichterung der EU-Vertragspartner im Brexit-Prozess. Dieser würde nun ganz schnell vonstattengehen, so die Analyse vieler Beobachter. Denn die unsicheren Mehrheitsverhältnisse im britischen Parlament seien ab sofort nicht mehr gegeben. Boris Johnson kann durchregieren und dabei weitgehend frei in Sachen Brexit entscheiden.

Das sieht auf den ersten Blick so aus, als ob es die EU nur noch mit einem einzigen Verhandlungspartner zu tun hätte. Richtig. Aber es handelt sich auch um einen Verhandlungspartner, der nun zwar einen schnelleren Brexit-Prozess garantieren mag. Allein ist ein großes Risiko damit immer noch nicht vom Tisch. Und zwar das, wovor die Finanzmarktteilnehmer immer schon am meisten Angst hatten: einem Austritt Großbritanniens aus der EU ohne Handelsabkommen. Tatsächlich hat sich dieses Risiko sogar vergrößert, weil Boris Johnson nur noch durch seine eigene Partei und nicht durch eine starke Opposition im britischen Unterhaus kontrolliert werden kann.

 

Erfolge für den „Herr der Zölle“?

Aber zurück in die USA. Dort hatte US-Präsident Donald Trump in der vergangenen Woche gleich Grund, zwei Abkommen zu feiern. Zum einen den Durchbruch beim überarbeiteten Freihandelsabkommen UMSCA für die USA, Mexiko und Kanada zu Wochenanfang. Ein Pakt, der auf dem ehemaligen NAFTA-Abkommen basiert und für die Finanzmärkte keine echte Neuigkeit dargestellt haben dürfte.

Der zweite Grund war die Einigung der USA und Chinas auf ein Teilabkommen im Handelsstreit. Dieser sogenannte „Phase-eins-Deal“ soll dem Vernehmen nach im Januar unterzeichnet werden. Dabei werden, wie Trump in einer Serie von Tweets am Freitag verkündete, die für ursprünglich gestern angekündigten Handelszölle auf Importe im Volumen von rund 160 Milliarden USD fallen gelassen. Darüber hinaus werden (laut Trump und einer entsprechenden Pressemitteilung des USTR [1]) die im September eingeführten Strafzölle auf ein Handelsvolumen von rund 120 Milliarden USD von 15 auf 7,5 Prozent gesenkt. Die Strafzölle auf China-Importe in Höhe von 250 Milliarden USD in Höhe von 25 Prozent, die zu Beginn des Handelskonflikts im März 2018 eingeführt wurden, werden beibehalten.

 

Unklarer Beitrag Chinas

Während also klar ist, was die USA zu liefern haben, bleibt die USTR-Pressemeldung (HIER) hinsichtlich des chinesischen Beitrags relativ unscharf. So ist lediglich die Rede von „substanziellen zusätzlichen Käufen“ von US-Gütern und -Dienstleistungen in den kommenden Jahren. Immerhin machte der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer deutlich, es handele sich unter anderem um den Kauf von Agrargütern zwischen 40 und 50 Milliarden USD. Allerdings präzisierte der ökonomische Chefberater des US-Präsidenten, Larry Kudlow, dass sich diese Käufe nicht, wie ursprünglich von vielen Kommentatoren verstanden, auf ein jährliches Volumen, sondern über einen Zeitraum von zwei Jahren erstrecken werden.

Indes: China hat sich bislang nicht zu diesen Zahlen konkret bekannt. Ein klares Commitment Chinas, so ein Medienbericht, hätte wohl zu deutlicheren Nachlässen bei den US-Handelszöllen geführt. Und so bleibt am Ende der Eindruck, dass das US-chinesische Teilabkommen in erster Linie für ein ruhiges Weihnachtsfest bei den Teilnehmern an den Finanzmärkten sorgen sollte. Auch wenn der Text des Abkommens bereits stehen sollte, ist noch nichts unterschrieben. Auch scheint zweifelhaft, ob die „Phase zwei“ der Verhandlungen – wie von Trump am Freitag angekündigt – sofort beginnen werden.

 

Überschaubare Kursgewinne

Und die Märkte? Die US-Aktienindices markierten neue Allzeithochs, aber der Wochengewinn hielt sich, gemessen am S&P 500 Index, mit nicht einmal einem Prozent doch sehr in Grenzen. Auch der hiesige DAX markierte zwar ein neues Jahreshoch, aber der Wochengewinn von ebenfalls einem Prozent erscheint angesichts all der guten Botschaften doch sehr überschaubar. Noch nüchterner fiel die Bilanz des Euro gegenüber dem Dollar aus, der zwar den Freitag mit einem relativ deutlichen Anstieg bis zu seinem ersten stärkeren Abgabeniveau (1,1195/00) begann, aber den Tag am Ende sogar mit einem kleinen Verlust beenden musste. Damit ist eine weitere Chance, womöglich das Fundament für einen kurzfristigen Aufwärtstrend der Gemeinschaftswährung zu schaffen, vertan. Einziger Trost: Der Euro bleibt, solange er sich oberhalb von 1,1065 bewegt, stabil.

 

 

Hinweise

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

[1] USTR (Office of the United States Trade Representative), Amt des Handelsbeauftragten der Vereinigten Staaten

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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