Sinnlose Diskussion alter Fed-Protokolle
Geschichte scheint sich doch zu wiederholen. Zumindest wenn man sich die Reaktion an den Finanzmärkten auf die gestrige Veröffentlichung des Sitzungsprotokolls der US-Notenbank einmal zu Gemüte führt. Ähnlich wie schon nach Bekanntwerden des Zinsprotokolls im Februar, fällt auch dieses Mal das Urteil vieler Kommentatoren klar und vorschnell aus: Es wird keine weiteren quantitativen Lockerungsprogramme der Fed geben. Eine Schlussfolgerung, die immerhin auf einem Protokoll beruht, das eine Sitzung vom 13. März reflektiert, ein Ereignis, das bereits drei Wochen zurückliegt. Informationen also, die längst überholt sein dürften, die aber dennoch die Gemüter in einer fast schon unangemessenen Weise zu bewegen scheinen.
Denn es ist erst zwei Wochen her, dass Fed-Chef Ben Bernanke vor Studenten der George Washington University im Rahmen einer Vortragsserie mit Verweis auf die Erfahrungen der großen Depression der 1930er Jahre davor warnte, man dürfe die geldpolitischen Zügel nicht zu früh anziehen. Des Weiteren wies Bernanke in einer Anhörung vor dem Kongress fast zur gleichen Zeit darauf hin, er rechne eher mit einem kurzfristigen negativen Einfluss steigender Ölpreise auf die Inflation und die private Nachfrage.
Damit nicht genug: Vor einer Woche verwies der Fed-Chef bei einer Konferenz der National Association of Business Economics (NABE) mit Nachdruck darauf, die Daten zum Arbeitsmarkt und zum Wachstum würden nicht miteinander harmonieren. Ja er vermutete sogar, die zuletzt positive Entwicklung am Arbeitsmarkt werde nicht von Dauer sein. Dabei zweifelte Bernankes nicht an der Qualität der Wachstumszahlen, sondern eher an der der neu geschaffenen Stellen. Damit wird also nicht nur – wie vielerorts bereits der Fall – die Aussagekraft der US-Arbeitslosenquote, sondern auch die der Payrolls in Frage gestellt.
Und zu guter Letzt möchte ich auch noch auf das TV-Interview Bernanke’s beim Sender BBC News vom vergangenen Dienstag rekurrieren, wo der Notenbankchef noch einmal deutlich machte, dass die Fed sich in Sachen QE alle Optionen offen hält. Und, dass die Entscheidung der FOMC-Mitglieder nicht aufgrund präziser Indikatoren oder des Eintreffens bestimmter Bedingungen gefällt würden. Womit die Fed einerseits flexibel bleibt, aber natürlich einer gewissen Subjektivität Tür und Tor geöffnet werden. Damit dürfte im Offenmarktausschuss letztlich die Mehrheit seiner Mitglieder, d.h. die Stimmen der Zinstauben, zwangsläufig die Diskussion bestimmen.
Haben die Marktteilnehmer all diese Dinge vergessen? Wenn wir die Daten und die Reden der vergangenen Wochen bewerten möchten, hat sich doch nichts geändert: Die Hürde für ein neues QE-Programm ist so hoch wie zuvor. Aber der am Freitag zur Veröffentlichung anstehende US-Arbeitsmarktbericht, vor allem die relative Höhe der Nonfarm Payrolls zu den Markterwartungen, werden – zuletzt als wenig aussagekräftiges Datum abgestempelt – kaum die Einschätzungen des Fed-Chefs, wahrscheinlich auch nicht die des FOMC nachhaltig beeinflussen.