Schöne Bescherung: Was beim Schenken alles schiefgehen kann
Jetzt geht es wieder los mit den Weihnachtsmärkten, aber angesichts der jüngsten Terrorbedrohungen mag vielen Menschen die Lust an solchen Einkaufsbummeln vergangen sein. Aber noch sind es vier Wochen bis Heiligabend und mittlerweile gibt es ja auch genug Ausweichmöglichkeiten, nach Geschenken für die Lieben zu fahnden. Eigentlich ist es jedes Jahr dasselbe: Ich bin, wie viele andere Menschen auch, nicht so begabt im Schenken, weil ich oftmals Dinge kaufe, die vor allem mir selbst gefallen und die sich andere wohl eher nicht kaufen würden. Deshalb bekommen in unserer Familie nur noch die Kinder Weihnachtsgeschenke, für uns Erwachsene haben wir hingegen die Bescherung abgeschafft.
Eigentlich sollen Geschenke ja von Herzen kommen und den Eindruck vermitteln, man habe sich bei der Auswahl etwas gedacht. Insofern ist die Frage: „Was wünschst Du dir denn zu Weihnachten?“ in den meisten Fällen besonders deplatziert, da man sich häufig sowieso nicht an die Vorgaben hält. Am Ende wählt man doch lieber selbst ein Geschenk aus – es soll ja etwas Besonderes und Fantasievolles und nicht nur die Befolgung einer Vorgabe sein. Wie jedoch die Ergebnisse einer Studie zutage fördern[1], wird das, was wir uns als tolle Überraschung ausgedacht haben, vom Empfänger offenbar nicht so gesehen. Obgleich sich die Schenkenden wahrscheinlich erheblich mehr Mühe gegeben haben, etwas Originelles zu finden, bevorzugen die Empfänger eigentlich das, was sie sich – oft im Rahmen einer Wunschliste – gewünscht haben.
Oder der liebe Partner wünscht sich nur ein einziges Geschenk. Womöglich auch noch ein besonders kostspieliges. Aber es fühlt sich doch etwas seltsam an, wenn unter dem Weihnachtsbaum nur eine einsame, aber sündhaft teure Handtasche steht. Da muss doch noch mindestens eine kleine Überraschung dazu, mag sich manch einer denken. Aber wie schon gesagt: Überraschungen haben es manchmal in sich. Nicht nur dass sie dem Beschenkten nicht gefallen. Nein, die Perlen an den zusätzlich unter dem Weihnachtsbaum liegenden Ohrringen sind im schlimmsten Fall nicht nur unecht. In jedem Fall hat so eine Dreingabe den unerwünschten Nebeneffekt, dass die Aufmerksamkeit von der Hauptattraktion abgelenkt wird und diese in Sekundenschnelle in der Wahrnehmung des Beschenkten rasant an Wert verliert.
Verschenken Sie schöne Erlebnisse
Man kann es also nur falsch machen. Und wenn ich Ihnen jetzt auch noch von einer weiteren Erkenntnis oben genannter Studie berichte, werden Sie vermutlich noch mehr mit dem Kopf schütteln. Denn jenseits aller Wunschlisten gibt es noch etwas, was Beschenkten noch lieber haben: Geld. Und das ausgerechnet an Weihnachten, wo ein Briefumschlag gefüllt mit frisch gedruckten Euro-Noten als besonders unpersönlich und ideenlos gilt. Ich kenne niemanden, der Bargeld auf seine Wunschliste zu Weihnachten schreiben würde. Vielleicht, weil man sich nicht traut, so konkret nach Geld zu fragen.
Viele Menschen mögen nicht in der Lage sein, sich in andere ausreichend hinein zu versetzen und ihnen das Richtige zu schenken. Bargeld ist immerhin das fungibelste aller Präsente. Der Schenker muss nicht herumraten und der Beschenkte kann sich das leisten, was er sich vielleicht schon länger sehnlichst gewünscht hat.
Am Ende sei jedoch noch eines verraten, egal, für welches Geschenk man sich entscheidet. Erlebnisse zu verschenken[2] kommt häufig besser an, als wenn man sich für Sachgeschenke entscheidet. Denn alles, was messbar ist, wird leicht miteinander verglichen. Vor allem im Familienkreis und unter Freunden ist da vor dem Weihnachtsbaum schnell für Ärger gesorgt, weil der eine womöglich oder vermeintlich besser gefahren ist als der andere. Ein gemeinsamer Opernabend, eine Fahrt ins Blaue, ein Kurzurlaub oder ein gemeinsames Wellnesswochenende sind nicht nur viel persönlicher. Mehr noch sind schöne Erlebnisse nur schlecht vergleichbar. Und vor allem kann sie einem keiner mehr wegnehmen.
[1] Gino, Francesca, Flynn, Francis J.: Give them what they want: The benefits of explicitness in gift exchange, Journal of Experimental Social Psychology 47 (2011) pp. 915-922
[2] Den Tipp entnahm ich dem Buch des Sozialwissenschaftlers Paul Dolan „absichtlich glücklich“, das im Jahr 2015, im Pattloch Verlag München erschien