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Große Fed-Überraschung?

am
20. März 2014

Wenn ich mir heute früh die Reaktionen vieler Kommentatoren und Akteure betrachte, ist die gestrige Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (FOMC) falkenhafter als erwartet ausgefallen. Tatsächlich hat das FOMC offenbar einige Akteure auf dem falschen Fuß erwischt, als es seine Median-Prognose für Fed-Funds im Jahre 2015 von 0,75 auf 1,0 Prozent und für das Jahr 2016 von 1,75 auf 2,25 Prozent erhöhte. Aber ist das tatsächlich eine Riesenüberraschung? Auf den ersten Blick ist es doch nur konsequent, wenn die nach Ansicht der Fed verbesserte Situation am US-Arbeitsmarkt zu leicht erhöhten Zinsvorhersagen führt

Möglicherweise war dies aber gar nicht der wirkliche Anlass, weswegen sich viele Händler u. a. am US-Aktienmarkt so überrascht zeigten. Denn tatsächlich machte Fed-Präsidentin Janet Yellen während der Pressekonferenz doch klar, dass die Verteilung der kleinen Punkte (dots) auf der Vorhersage-Grafik des FOMC doch wenig Aussagekraft hätte. Außerdem verabschiedete sich die Fed von ihrer bisherigen Kommunikationsstrategie, wonach die Notenbank noch im Dezember 2012 noch versprochen hatte, die Leitzinsen nicht zu erhöhen solange die Arbeitslosenquote über 6,5 Prozent läge. Dieser konkrete Schwellenwert ist nun erwartungsgemäß angesichts des schneller als erwarteten Rückgangs der Arbeitslosenquote zurückgezogen worden und wird durch zumindest mir nicht bekannte Indikatoren ersetzt werden.

Auch wenn ich Vergangenheit immer schon gegen derart konkrete Angaben von Indikatorwerten gewesen bin, deren Unter- oder Überschreiten bestimmte Handlungen der Fed zur Folge gehabt hätten, ist nun die Orientierungshilfe der Notenbank weniger transparent geworden. Dieser Wechsel in der so genannten forward guidance soll, so die Fed Präsidentin, keinen Wechsel in der Politik des FOMC bedeuten. Auch an der Tatsache, dass die Fed auch nach Beendigung des so genannten Tapering die Zinsen noch für eine beträchtliche Zeit niedrig halten würde, war zunächst nichts Neues. Erst mit der Konkretisierung dieses Zeitraums auf sechs Monate und der daraus von den Akteuren abgeleiteten ersten Zinsanhebung für den April 2015, bekam die gestrige Sitzung eine falkenhafte Note.

Was dabei jedoch übersehen wird: Damit dieser Zeitraum von sechs Monaten überhaupt beginnen kann, müssen zunächst die Anleihekaufprogramme beendet worden sein und diese wiederum hängen von unscharfen Voraussetzungen ab, die im Zweifel das derzeitige Programm verlangsamen oder gar zum vollständigen Halten bringen kann. Etwa, wenn dies eine ungünstige ökonomische Entwicklung oder möglicherweise gar ein Crash am Aktienmarkt erforderlich macht. Anders ausgedrückt: Die Konkretisierung der Sechs-Monats-Frist wird stärker wahrgenommen als deren dafür erforderliche, unscharfe Voraussetzung.

Wesentlich transparenter ist hingegen die wöchentliche Stimmungserhebung, die die Börse Frankfurt gestern unter mittelfristig orientierten Investoren zum DAX erhoben hat. Den Kommentar dazu von Gianni Hirschmüller finden Sie hier.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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