Investmententscheidungen Marketing

Flucht von Bitcoins ins Gold?

am
11. April 2013

Es ist gerade einmal eine Woche her, dass ich mich erstmals zu Bitcoins geäußert habe und angesichts des exponentiellen  Anstiegs dieser virtuellen Währung einen Vergleich mit der Tulipmania des 17. Jahrhunderts zog. Gestern Nacht haben wir einen kleinen Vorgeschmack darauf bekommen, was ein „BitCrash“ bedeutet. Denn nachdem der Kurs für die Kunstwährung ein neues Allzeithoch von 266 USD an der größten Bitcoin-Börse der Welt Mt. Gox erreicht hatte, kam es innerhalb von sechs Stunden zu einem Sturz, der Bitcoins temporär auf ein Tief von 105 USD krachen ließ. Das entspricht einem Wertverlust von 60 Prozent – so schnell ist noch nicht einmal der Markt für Tulpenzwiebeln vor rund 300 Jahren zusammengebrochen. Natürlich klingt es bösartig, wenn der Blogger Tyler Durden (zerohedge.com, vgl. auch den dort aufgezeigten Kursverlauf) darauf hinweist, bei einem derartigen Markt gäbe es keine automatischen Trading-Unterbrechungen wie an der NYSE oder gar ein Plunge Protection Team, das ähnlich wie beim US-Aktienmarkt im Notfall in Aktion treten würde, um den Verfall der Kurse abzufangen. Unabhängigkeit von staatlichen Interventionsmöglichkeiten hat eben ihren Preis und womöglich ist gestern bereits eine Blase geplatzt, die sich mancher Akteur vor einigen Tagen noch nicht vorstellen konnte beziehungsweise überhaupt nicht für möglich hielt. Ganz zu schwiegen von denjenigen, die sich in Bitcoins bezahlen lassen und ihre Erlöse in fungiblere Valuten umtauschen möchten. Wo bleibt die ewige Nachfrage? Aber vielleicht war das alles ja nur eine „gesunde technische Korrektur“ im Aufwärtstrend. Nein, ich sollte den später folgenden „Bounce“ der Kurse auf 180 USD (das sind satte 70 Prozent!) nicht unterschlagen.

Allerdings glaube ich nicht, dass die gestrigen Verkäufe einen Exodus der Anleger in Richtung Gold bedeuten, auch wenn Letzteres immer wieder mit den Bitcoins gerne verglichen wird. Tatsächlich sind die Gold-Lagerbestände von ETF-Anbietern (SPDR Holdings) gestern auf den niedrigsten Stand seit Mai 2010 gefallen.

 

Manipulative Überschrift

Unterdessen sorgt sich der Daily Telegraph um die Deutschen und titelt heute (vgl. Online Ausgabe) ein Viertel der Deutschen wolle den Euro loswerden[1] – ein klassischer Fall, wie man durch „Gestaltung“ des Bezugsrahmens (Framing) einen Sachverhalt verzerrt darstellen kann. Denn die Zeitung bezieht sich auf eine bereits vor einigen Tagen publizierte Forsa-Umfrage des Handelsblatts, wonach trotz der andauernden Schuldenkrise fast 70 Prozent der Deutschen (der bislang höchste Zustimmungswert!) den Euro behalten wollen. So lässt sich richtig gut Stimmung machen.

Um Stimmung ging es auch bei unserer jüngsten Sentiment-Erhebung, die wir wie immer mit der Börse Frankfurt durchgeführt haben und die ich hier kommentiert habe. Um die Detailanalyse hat sich dieses Mal mein Mitstreiter Gianni Hirschmüller hier gekümmert.



[1] Quarter of Germans ’want to drop the euro’

SCHLAGWÖRTER
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5 Kommentare
  1. Antworten

    Tester

    11. April 2013

    In den letzten Tagen gab es gewaltige Attacken gegen etliche große Server, das könnte die Ursache sein, weil da nicht mehr viel ging. Der Kurs hat sich bereits gut erholt.

    Was die meisten Nutzer aber noch nicht wissen, die Benutzung eines Servers ist überhaupt nicht nötig – kann man alles selbst machen auf jedem internetfähigen Gerät mit entsprechender Software.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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