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15. November 2017

Manchmal bin ich wirklich überrascht darüber, was man von Kommentatoren und Marktbeobachtern so alles zu lesen bekommt. So schreibt etwa heute die Nachrichtenagentur Reuters, dass der Euro (offensichtlich für viele doch überraschend) aufgrund verstärkter Kapitalzuflüsse aus dem Ausland gestern die 1,18er Linie gegenüber dem US-Dollar überschritten haben soll. Andere wiederum machten für den vergleichsweise deutlichen Sprung der Gemeinschaftswährung ein besser als erwartet ausgefallenes Wirtschaftswachstum in Deutschland verantwortlich, da dieses ja letztlich auch der Eurozone zugutekäme. Eine Begründung, die auf den ersten Blick durchaus plausibel erscheint, aber angesichts der ohnehin ausgesprochen positiven Erwartungshaltung hinsichtlich des hiesigen Wirtschaftswachstums eigentlich niemanden mehr derart überrascht haben sollte, dass er sich eiligst mit Euro eingedeckt hat. Zumal die Börsianer sich der positiven Bewertung der deutschen Wachstumszahlen offensichtlich nicht anschließen wollten. Den während der Euro nach oben kletterte, sackte gleichzeitig der DAX nach unten ab: Was anfangs nur wie eine harmlose Korrektur aussah, hat sich nun doch zu einer etwas kräftigeren Reaktion als vielerorts erwartet ausgewachsen.

Diese recht kräftige DAX-Korrektur, die seit dem Allzeithoch vom 7. November per Schlusskurs gestern eine Größenordnung von 3,6 Prozent erreichte, während der breitgestreute US-Aktienindex S&P 500 während des gleichen Zeitraums nicht einmal ein Prozent an Wert verlor, ist angesichts der jüngsten ökonomischen Entwicklung hierzulande sogar noch weniger zu begreifen. Ein Blick auf die gestern veröffentlichte BofA Merrill Lynch Fondsmanager-Umfrage, die vom 3. bis 9. November erhoben wurde, bringt jedoch etwas Licht ins Dunkel. Denn nachdem im Oktober noch netto 58 Prozent der Befragten angaben, in Aktien der Eurozone übergewichtet zu sein, hat sich dieser Saldo nunmehr auf 47 Prozent verringert. Diese Kapitalabflüsse könnten dafür gesorgt haben, dass der Euro während der vergangenen Wochen eine für Chartgläubige wunderschön geschnittene Head & Shoulders Umkehrformation vollendet hatte.

 

Self-fulfilling destruction statt self-fulfilling prophecy

Aber, wie schon häufiger in der Vergangenheit zu beobachten, sind es gerade diese sauber geschnittenen Muster, die nicht nur von Profis sofort erkannt und mit entsprechenden Engagements belegt werden, die dann aber nicht das halten, was sie eigentlich versprechen: Im Falle des Euro handelte es sich um deutlich fallende Kurse, die dieser Theorie zufolge durchaus das Niveau von 1,13 USD hätten erreichen sollen. Gestern ist nun auch aufgrund von kräftigen Stopp-Loss-Käufen (auch enttäuschter Chart-Follower) diese Baisse-Formation des Euro eindrucksvoll zerstört worden (vgl. etwa HIER).

Was übrigens mit den verkauften Aktien der ausländischen Kapitalanleger geschehen ist, können Sie HIER in schriftlicher Form oder via Skype-Interview HIER von mir erfahren. Beide Kommentare habe ich wie immer für die Börse Frankfurt erstellt.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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