Das Spekulations-Thema treibt momentan wieder einmal die Devisenhändler um. Vornehmlich im Yen, der gegenüber dem US-Dollar gestern ein neues 15-Jahreshoch erreichte. Und wie so oft bei solchen Ereignissen von historischem Ausmaß, sind natürlich die Finanzgazetten voll mit Kommentaren. Und damit es schön dramatisch wird, werden natürlich bei so starken Kursverläufen ganz schnell die „bösen“ Spekulanten als die eigentlichen Unruhestifter am Markt ausgemacht. Da heißt es mal schnell, wenn Japan nicht deutlicher würde, käme es zu spekulativen Bewegungen. Mit „deutlicher“ sind Deviseninterventionen in Form von Dollar-Käufen gemeint. Sonst könnte der Greenback ganz schnell auf 80 JPY absaufen, ist heute zu lesen.
Natürlich wissen die Devisenhändler, dass sich die Bank von Japan bzw. das Finanzministerium in einem Dilemma befindet. Einerseits leidet die Wettbewerbsfähigkeit der japanischen Exporteure mit jedem Tag, an dem der Yen weiter steigt. Andererseits ist von den anderen großen Notenbanken im Gegensatz zu früheren Zeiten kaum Hilfe zu erwarten. Denn konzertierte Interventionen gegen den Yen wären geradezu kontraproduktiv für die US-Administration, die der chinesischen Regierung mehr oder weniger offen Währungsmanipulation vorwirft.
Auch wenn die Bank von Japan im Zweifel auf sich alleine gestellt wäre und Deviseninterventionen vielerorts nicht viel Erfolg eingeräumt wird, hat dies bislang entgegen der landläufigen Ansicht nicht zum Aufbau hoher spekulativer Positionen gegen den Dollar geführt. Im Gegenteil: Die kurzfristig orientierten Margin-Händler haben nach Angaben der TFE* sogar ihre Dollarpositionen während der vergangenen Wochen peu à peu erhöht.
Man braucht nicht lange nachzudenken, warum diese Marktteilnehmer sich mit soviel Mut gegen den Trend gestellt haben. Sie glaubten, der Dollar sei zum Yen unterbewertet und hoffen zudem, die Zentralbank werde den US-Dollar im Zweifel nicht nur stützen, sondern mit einer möglicherweise den Markt überraschenden Strategie richtig nach oben treiben. Dann könnten die Margin-Trader ihre so im Wert gestiegenen Dollar wieder mit Gewinn verkaufen.
Genau von diesen und ähnlichen Engagements – gerne auch als „gute“ Spekulation bezeichnet – geht die eigentliche Gefahr für den Wechselkurs aus. Denn die Bank von Japan hat bislang den Dollar noch nicht wie von vielen erhofft hoch gekauft. Stattdessen befinden sich jene Positionen schon seit geraumer Zeit im Verlustbereich. Aber nur auf dem Papier. Mehr noch: Die zögerliche Haltung der japanischen Regierung hat die Hoffnung am Leben erhalten, die Zentralbank werde am Ende doch noch intervenieren. Ein Grund für viele kurzfristige Händler, aber auch für manchen japanischen Exporteur, bei einem ungünstigen Kursverlauf noch nicht die Notbremse zu ziehen.
Es ist also am Ende nicht die Spekulation gegen den Dollar, die den Wechselkurs unter Druck bringt, sondern die Engagements gegen den Trend, die am Ende mit Verlust glatt gestellt werden müssen, wenn der Druck des Aussitzens nicht mehr auszuhalten ist und kapituliert werden muss.
*Tokyo Financial Exchange. Am gestrigen Dienstag wurde sogar der höchste Stand an Dollar-Long-Positionen seit Juli 2006 (dem Beginn der Aufzeichnungen) registriert.