Die ewige Jagd nach der nächsten Blase
Die Suche nach Blasen, genauer gesagt Spekulationsblasen, scheint derzeit ein verbreitetes Hobby von Kommentatoren und Händlern zu sein. Und so wundert es auch nicht, dass ausgerechnet die Bondmärkte in den USA, aber auch hierzulande, eine analytische Blasenspiegelung über sich ergehen lassen müssen. Wobei einige Experten neuerdings die jüngste Entwicklung an den Anleihemärkten mit der der Dotcom-Blase vergleichen, die nach der Jahrtausendwende geplatzt war. Und wie mit erhobenem Zeigefinger werden als drastische Warnung die Kosten des damaligen Kurssturzes an der Börse mit rund 6.000 Mrd. Dollar angeführt – nachzulesen in der heutigen Ausgabe der FTD.
Zum „Beweis“ des Gleichlaufs der Bondmärkte von heute mit der Aktienmarktentwicklung von damals wird Zahlenmaterial bemüht, das Bloomberg und das Investment Company Institute in Washington zusammengetragen haben. Dabei wird festgestellt, dass die Anleger derzeit (das heißt in den 24 Monaten bis Ende Juni 2010) fast genauso viel Geld in Anleihefonds steckten wie in den Jahren 1999 und 2000 in US-Aktienfonds geflossen waren – 480,2 Mrd. gegenüber damals 496,6 Mrd. US-Dollar.
Der Vergleich erweckt für mich den Anschein, als ob man mit aller Gewalt einen Bezug zu zwei Ereignissen herstellen möchte, den es so nicht gibt. Der aber trotzdem so eindrucksvoll erscheint, dass man leicht zum Opfer des Verfügbarkeitsirrtums werden kann. Aber es soll ja auch Analysten geben, die in den vergangenen Monaten Charts der heutigen Aktienkursentwicklung mit solchen aus der Zeit der großen Depression übereinanderlegten, um aus dem Kursverlauf von damals auf die Preisentwicklung der kommenden Monate zu schließen – weil sich die Marktgeschichte angeblich wiederholt.
Auch im heutigen Falle setzen die Kommentatoren offensichtlich auf die Ähnlichkeit zweier Zahlen (480,2 und 496,6 Mrd.). Obgleich das Volumen aller offenen US-Anleihen im Jahr 2009 gut 35.000 Mrd. US-Dollar, etwa das Doppelte wie zu Beginn der Dekade*, betrug. Und immerhin fast das Dreifache der US-Aktienmarktkapitalisierung zum Höhepunkt der Dotcom-Ära.
Trotz all dieser Ungereimtheiten muss man jetzt nicht zwingend auf das Gegenteil schließen und so tun, als ob der US-Bond Markt ein Hort risikofreier Erträge wäre. Aber wenn schon eine Blase analysiert werden soll, dann bitte mit angemessenen Instrumenten. Wann jene jedoch am Ende zum Platzen kommt, das wissen vermutlich nur die Götter.
* vgl. Bondmarkets 2010, TheCityUK, http://www.thecityuk.com/media/156879/bond%20markets%202010.pdf June 2010