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Fondsmanagement à la Pjöngjang

am
26. August 2010

Nun hat die Fifa also ihre Ermittlungen gegen Nordkorea wegen angeblicher Demütigung seiner Nationalspieler ob des schlechten Abschneidens bei der Fußball-WM eingestellt. Immerhin hatten ein paar Wochen nach der Weltmeisterschaft Gerüchte die Runde gemacht, der Trainer sei aus der Arbeiterpartei entlassen und zum Steineklopfen auf einer Baustelle verurteilt worden. Ob die Spieler besser davon gekommen sind, ist indes bis heute unklar. Aber nach Informationen des SID (Sport-Informations-Dienst) sollen die Kicker auf einer Bühne in Pjöngjang sechs Stunden lang mit „ideologischer Kritik“ bestraft worden sein – nicht wenige haben diese Demütigungen als unmenschlich kritisiert.

Da fiel mir doch sogleich wieder ein Interview ein, das Susan Levermann, einst eine der besten Fondsmanagerinnen Deutschlands, noch im April dieses Jahres der FTD gegeben hatte. Hierin hatte sie über interne Rankings gesprochen und von ihrem Chef behauptet, er habe für seine Truppe eine rot lackierte Gartenlaterne eingeführt, die der schlechteste [Fondsmanager] auf dem Tisch stehen haben musste. Auf den ersten Blick wirkt dies natürlich wie eine sportliche Herausforderung und nicht wie eine nordkoreanische Demütigung. Manch einer mag darin sowieso eher den Charakter eines Rituals (von denen man gelegentlich auch andernorts hört) erkennen. Aber die rote Laterne dürfte nicht ohne Folgen auf das Entscheidungsverhalten der Vermögensverwalter und womöglich auf die Performance der ganzen Gruppe bleiben. Denn man wird – vor allem, wenn man seinen Schreibtisch schon einmal mit der ungeliebten Trophäe schmücken musste – viel dafür tun, nicht (erneut) in eine derartige Situation zu geraten.

Anders ausgedrückt: Der Laternenträger wird tendenziell risikofreudiger, manchmal extrem risikofreudig, um aus seiner misslichen Lage möglichst schnell wieder heraus zu kommen. Weil der Vorsprung der Mitstreiter wie ein eigener Verlust empfunden wird. Unterdessen werden sich die anderen Mitglieder der Gruppe entgegengesetzt verhalten. Also tendenziell risikoavers, weil man sich dem Schlusslicht gegenüber im Gewinnbereich wähnt. Darüber hinaus dürfte sich wegen des erhöhten Commitments durch die rote Laterne bei allen Gruppenmitgliedern ein erhöhter Dispositionseffekt einstellen, der negativ auf die Gesamtperformance wirkt. Denn Gewinne werden noch früher und Verluste noch später realisiert. Also: Weg mit der roten Laterne!

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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