Dollar am Morgen Märkte

Ein Vorbote meldet sich zurück

am
25. September 2019

EUR USD (1,1000)             Nun hat das höchste britische Gericht Boris Johnsons Entscheidung, das britische Unterhaus in einen fünfwöchigen Zwangsurlaub zu schicken, gestern als „gesetzwidrig und nichtig“ bezeichnet. Und 49 Prozent der Briten halten das Urteil für richtig, während 30 Prozent der Bevölkerung es als falsch ansehen. Eine klare Sache also. Aber welche Konsequenzen lassen sich daraus ableiten? Soll der Premierminister jetzt zurücktreten?

Folgt man den hiesigen Medien, bekommt man zumindest unterschwellig den Eindruck: Eine Bestrafung für Boris Johnson muss sein. Aber die Briten äußern sich diesbezüglich viel weniger eindeutig. 43 Prozent sind einer gestrigen Umfrage von YouGov zufolge für einen Rücktritt Johnsons, 39 Prozent dagegen. Und allein schon daran wird deutlich, dass die britische Bevölkerung zwar das Urteil des Supreme Court mit deutlicher Mehrheit gutheißt. Aber wenn es um die Konsequenzen geht, schrumpft dieser Vorsprung gewaltig und könnte sich bei einer neuerlichen Befragung der Bevölkerung in ein paar Tagen sogar umkehren.

Ähnliche Mehrheitsverhältnisse würden sich wahrscheinlich auch feststellen lassen, wenn es zu einem neuerlichen Brexit-Referendum käme. Nun darf das Parlament wieder zurückkehren, aber die Brexit-Situation ist wenig verändert und unübersichtlich. Und so wundert es nicht, dass der Euro gegenüber dem britischen Pfund gestern kaum nachgegeben hat.

 

Keine klare Linie

Unübersichtlich bleibt auch die Lage im US-chinesischen Handelskonflikt. Während China – zumindest nach Aussagen von US-Präsident Donald Trump – einerseits zwar seine Sojabohnenkäufe von den USA [als Zeichen des guten Willens] erneut aufgenommen haben soll, schlug Trump gestern vor der UN gegenüber China nicht gerade freundliche Töne an, was die Hoffnung auf ein langfristig angelegtes Abkommen nicht gerade befördert. Vielmehr glich seine Rede einer Schimpf-Tirade.

Während der Devisenhandel bislang kaum reagiert hat, gab es bei den Aktien- und Anleihemärkten sichtbare Reaktionen. Ob diese allerdings auf die Rede Donald Trumps allein zurückzuführen sind, bleibt offen. Gut möglich, dass die gestrige Ankündigung der US-Demokraten, ein Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump einzuleiten, das ihrige dazu beigetragen hat. Und nachdem der Renditevorsprung zehnjähriger US-Staatsanleihen gegenüber denjenigen mit zweijähriger Laufzeit im Laufe des Monats schon einmal 10 Basispunkte betragen hat, ist dieser Spread gestern zeitweise bis auf unter 2 Basispunkte geschrumpft. Zur Erinnerung: Dieser Renditeabstand wird im Falle einer Inversion immer noch als Vorbote einer Rezession betrachtet.

Unterdessen blieb der Euro gegenüber dem Dollar fast bewegungslos und konnte nur vorübergehend etwas Boden gut machen. Der kurzfristige Abwärtstrend zwischen 1,1085/90 und 1,0835 bleibt ohne Momentum, jedoch weiterhin intakt.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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