Dollar am Morgen Märkte

Ein bemerkenswert starker Euro

am
28. Februar 2020

EUR USD (1,0995)             Immer wieder wurde ich während der vergangenen Tage gefragt, wie weit es noch mit den Aktienmärkten nach unten gehen könne. Und was man nun dem gestressten Anleger raten könne. Es ist gerade einmal eine gute Woche her, da waren viele entschlossen, ihre Aktienbestände – trotz niedriger Optionsprämien – nicht abzusichern. Zur Erinnerung: Der breitgestreute US-Aktienindex S&P 500 hatte noch am 19. Februar ein neues Allzeithoch markiert. Und jede Form von Absicherung sei rausgeworfenes Geld, so die meinem Eindruck nach weitverbreitete Haltung, die ich aus all den Kommentaren und Erfahrungen der Monate zuvor hatte heraushören können. Natürlich gab es auch Warner, aber die gibt es schon seit Jahren.

 

Guter Rat kann teuer sein

„Eigentlich bin ich langfristig von der Aktienanlage überzeugt, sie ist alternativlos“, habe ich immer noch im Ohr. Trotz des Corona-Virus, dessen Existenz schon vor Wochen bekannt war. Aber jetzt plötzlich kurzfristig verkaufen, weil die Akteure vielerorts in Panik verfallen sind? Ist das, was noch vor etwas mehr als einer Woche gegolten hat, plötzlich nicht mehr richtig?

Nein, ich kann Ihnen nicht sagen, wie tief bergab es mit den Aktienmärkten geht. Ob es nur eine Korrektur ist? Oder doch ein Abwärtstrend? Das spielt eigentlich keine Rolle. Da helfen keine gleitenden Durchschnitte und andere vermeintliche Zaubermittel und Referenzpunkte. Wer heute überstürzt aus dem Aktienmarkt herausgeht, wird es schwer haben, wieder zurückzukommen. Das Risiko ist sogar hoch, dass eine Rückkehr gar nicht mehr stattfindet. Denn sollte es weiter in hohem Tempo nach unten gehen, ist die Risikoaversion der Betroffenen wahrscheinlich noch höher als heute. Würde man dann ins fallende Messer greifen und kaufen?

 

1000 Beweise für die Rückkehr

Und wenn sich die Aktienmärkte eines Tages wieder erholen, wird man 1000 Beweise anfordern, ob es denn auch wirklich wieder nach oben geht. Eine Rückkehr, die dann zu spät, weil teuer sein wird. Natürlich sind Langfristinvestoren von den vergangenen Haussejahren verwöhnt und jetzt plötzlich verunsichert. Aber auch Rückschläge gehören zur vielbeschworenen Aktienkultur dazu. Aber deswegen ein über Jahre aufgebautes Aktiendepot, womöglich zur Altersvorsorge, einfach aufgeben? Nach wie vor gilt der Grundsatz, dass ein über mehrere Anlageklassen breit gestreutes Depot langfristig einkömmliche Erträge bringt. Man denke nur an die Anleihemärkte, die gerade in den USA zuletzt richtig haussiert haben. Oder an Gold.

 

Panik als Feind der langfristigen Aktienanlage

Gestern las ich irgendwo, dass es Zeit sei, die Gewichtung in den Portfolien zu adjustieren. Also etwa einen naturgemäß angewachsenen Bond-Anteil zugunsten vom zuletzt geschrumpften Aktienanteil zu reduzieren, um die ursprünglich gewählte Gewichtung im Depot wiederherzustellen. Ausgerechnet jetzt? Und wenn es noch viel weiter geht und ganz brutal wird? Bei den Anleihen noch weiter aufwärts und bei den Aktien fortschreitend nach unten? Zumindest weiß ich eines: Panik ist kein guter Ratgeber, und irgendwann ist auch die Corona-Virus-Epidemie vorbei. Und wenn wir das überstanden haben, wollen wir doch wieder leben. Nicht wahr?

 

Gefragter Euro

Noch ein paar Worte zum Euro, der auch gestern gegenüber dem Dollar wieder zulegte und überraschenderweise den prozentual höchsten Tagesgewinn seit dem Januar 2018 produzierte. Nein, auf ökonomische Daten hat gestern vermutlich kaum jemand geblickt, denn niemand weiß derzeit abzuschätzen, wie sich diese Daten in den kommenden Monaten erst einmal verschlechtern werden. Die Gemeinschaftswährung hat jedenfalls gestern ihren kurzfristigen Abwärtstrend beendet. Mag sein, weil nach wie vor die von mir gestern beschriebenen Carry Trades (vgl. HIER) zurückgedreht wurden. Der Euro bleibt jedenfalls zunächst stabil, solange er sich oberhalb von 1,0860 bewegt. Bemerkenswert übrigens: Der Euro war gestern stärker als die typischen Fluchtwährungen Schweizer Franken und Yen.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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