Der Herr der Strafzölle setzt auf Zeit
EUR USD (1,1075) Wer es womöglich am Montag noch nicht glauben wollte – nun ist es da. Der Herr der Zölle, US-Präsident Donald Trump, der sich nur allzu gerne als „tariff man“ bezeichnet, hat wieder einmal im übertragenen Sinne Pandoras Büchse geöffnet. Nichts mehr ist zu hören von den angeblich großartigen Fortschritten hinsichtlich eines Teilabkommens im US-chinesischen Handelskonflikt. Stattdessen kann sich Trump sogar vorstellen, mit einem Abkommen bis nach den US-Wahlen im November 2020 zu warten. Eigentlich ein ähnlicher Gedanke, wie ihn chinesische Medien bereits vor Monaten einmal hatten durchblicken lassen.
Keine Deadline
Er habe keine Deadline, äußerte der US-Präsident gegenüber Medien im Vorfeld des gestern beginnenden NATO-Gipfels. Nimmt man noch einen Tweet der China Global Times vom gestrigen Vormittag hinzu, wonach die USA anscheinend hinsichtlich eines Handels-Deal zurückrudern würden, scheint mehr und mehr klar zu werden, dass das als „Phase eins“ bezeichnete Teilabkommen wahrscheinlich in den kommenden beiden Wochen nicht das Licht der Welt erblicken wird. Und daran, dass im kommenden Jahr womöglich eine „Phase zwei“ der Gespräche beginnen könnte, glaubt ohnehin vermutlich kaum jemand mehr. US-Handelsminister Wilbur Ross machte es bereits am Montag deutlich: Ohne einen Deal würden die Strafzölle am 15. Dezember [wie geplant] in Kraft treten.
Noch mehr schlechte Stimmung
Dagegen erscheinen die vorherigen Drohungen Trumps, Frankreich-Importe ebenfalls mit Strafzöllen zu belegen, samt der dazu gehörenden Vergeltungs-Gestik Frankreichs beinahe schon wie eine Petitesse. Ganz zu schweigen von der zu Wochenbeginn angekündigten Wiedereinführung der Strafzölle auf argentinische und brasilianische Stahl- und Aluminium-Importe. Schließlich sorgte auch noch ein Reuters-Artikel für schlechte Stimmung an den Finanzmärkten, wonach es in der Trump-Administration Pläne gegeben haben soll, den chinesischen Telekommunikation-Riesen Huawei vom US-Banksystem auszuschließen.
Pandoras Büchse geöffnet
Und so blieb für Aktienmarkteilnehmer gestern wieder einmal in der besagten Büchse der Pandora nur – wie in der griechischen Sage – die Hoffnung zurück. Und die scheint sogar noch groß sein. Denn die US-Aktienmärkte reagierten mit weiteren Verlusten. Setzt man jedoch diese Korrektur während der vergangenen drei Handelstage in Relation zur Rallye, die am 3. Oktober begann, ist diese Reaktion noch vergleichsweise überschaubar. Dies ist insofern bemerkenswert, als sich ein großer Teil der diesjährigen Herbstrallye einem starken Optimismus hinsichtlich der Beilegung des US-chinesischen Handelskonflikts verdankt. Eine Euphorie, die ich allerdings nie wirklich nachvollziehen konnte (vgl. etwa HIER).
Auf der Währungsseite hat sich beim US-Dollar, abgesehen von einer leichten Abschwächung gegenüber einem Korb aus verschiedenen Valuten, gemessen am Dollar-Index, nicht allzu viel bewegt. Während Schweizerfranken und Yen als typische Fluchtwährungen gefragt waren, tat sich der Euro doch schwer, weiter an Boden zu gewinnen. Dabei überraschte vor allen Dingen die Stärke des Abgabeniveaus bei 1,1090, das auch gestern nicht überzeugend überwunden werden konnte. Dennoch: Die Situation der Gemeinschaftswährung bleibt stabil, solange sie sich oberhalb von 1,1010 bewegt.
Hinweise
Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.