Behavioral Living

Mit Freund K. durch die Krise

am
7. September 2012

Unlängst habe ich mich im Magazin Börse online über meinen Freund K. ausgelassen  und ihn als vorausschauenden Menschen bezeichnet. Denn er bereitet sich schon seit Jahren auf das Auseinanderbrechen der Eurozone vor, indem er in seinem Tresor Goldbarren und verschiedene ausländische Valuten mit Schwergewicht auf Schweizer Franken hortet. Ja, selbst gegen eine mögliche Lebensmittelknappheit, die aufgrund von Versorgungsengpässen bei einem plötzlichen Zerbrechen des Euros drohen könnte, ist K. gewappnet. Nun wartet mein Freund schon seit Jahren auf dem großen Zusammenbruch, weswegen es bei unserem jüngsten Treffen Rindsrouladen aus der Dose gab, die wegen des herannahenden Verfallsdatums gegessen werden mussten.

Als ich einem Kollegen besagte Kolumne zeigte, befand jener, dass meine Geschichte nicht eines gewissen schadenfreudigen Untertons entbehren würde. Wo doch mein Freund K. mit seinem Gold und seinen Schweizer-Franken-Beständen sicherlich zu den erfolgreichen Finanzmarktteilnehmern gehören würde. Gold notiere doch gegenüber dem Euro am Allzeithoch und auch der Franken wäre ohne die Interventionen der Nationalbank eigentlich noch viel fester als er es ohnehin schon ist  – da gibt es keine Fragen mehr. Nein, K. wäre gar nicht darauf angewiesen gewesen, seine vom Verderb bedrohten Lebensmittel schnellstens zu verbrauchen.

Wo er doch nur ein paar Fränkli gegen Euro hätte tauschen müssen, um sich mit dem Kursgewinn ein prächtiges Fünf Gang-Menü in einem schönen Drei-Sterne-Restaurant leisten zu können. Womöglich hätte er mich sogar zu diesem Festmahl eingeladen. Aber das hätte mein Freund nie gemacht. Nicht weil er geizig oder gar ein Freund von Entsagung ist. Sondern weil seine Gold- und Devisenreserven für den Notfall gedacht sind. „Und die rührt man nicht an“, versicherte mir K. erst kürzlich, egal wie stark sie im Kurs gestiegen seien.

Zwischen Gewinn und Verzicht

„Ja, aber wann wirst du denn dein Gold und deine Franken verkaufen, um die Gewinne zu realisieren?“ fragte ich meinem Freund, genauso wie ich viele andere risikobewusste Bundesbürger hätte fragen können, die sich in ähnlicher Weise gegen den so genannten worst case, den schlimmsten anzunehmenden Unfall in der Eurozone seit Langem, abgesichert haben. „Nur, wenn die Euro-Krise mit Sicherheit ausgestanden ist“ entgegnete K. Ich traute mich nicht zu fragen, woran man dies denn konkret festmachen könne. Zumal in einem solchen Fall der Goldpreis aber auch der Schweizer Franken womöglich schon längst und vielleicht sogar massiv an Wert verloren haben könnten. Denn in einer scheinbar sicheren Welt braucht man keine Versicherung mehr in Form von Gold und ausländischen Valuten. Und so bleibt für K. ein Dilemma: Gewinne in der Krise (am besten am Höhepunkt) realisieren oder darauf verzichten.

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3 Kommentare
  1. Antworten

    Johannes de Farmer

    8. September 2012

    50-Euroschein zu verkaufen… es handelt sich dabei um einen (handels)üblichen 50ziger, gut erhalten und ungewaschen! Ich liefere das Stück im neutralen Umschlag wobei Versicherung und Versandt von mir übernommen wird!

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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