Dollar am Morgen Märkte

Zwei Optionen mit Wechselwirkung

am
15. Mai 2019

EUR USD (1,1210)             Auch wenn es gestern im US-chinesischen Handelskonflikt eine leichte Beruhigung zu geben schien, blieb für viele Kommentatoren die Frage bestehen, wie effektiv Chinas Vergeltungsmaßnahmen als Antwort auf die erhöhten US-Strafzölle tatsächlich sein können. Denn die USA importieren nun einmal von China bedeutend mehr als umgekehrt. Und sollten die USA tatsächlich alle chinesischen Importe mit Strafzöllen belegen, so würde dies Güter in einem Volumen von über 500 Milliarden USD betreffen. Auf der anderen Seite machten die von China importierten US-Waren zuletzt gerade einmal 120 Mrd. USD aus. Kein Wunder, dass man sich bereits über andere Vergeltungsmaßnahmen Gedanken gemacht hat. Wir berichteten bereits gestern darüber, dass chinesischen Medienberichten zufolge Wissenschaftler darüber nachdenken, ob China seine Bestände an US-Staatsanleihen – das Land hält derzeit 1,13 Billionen USD davon – senken solle.

          Nicht das erste Mal wird kolportiert, China würde möglicherweise seine massiven Bestände in US-Staatsanleihen als Druckmittel in den Verhandlungen mit den USA ins Spiel bringen. Denn ähnliche Diskussionen gab es schon einmal vor mehr als einem Jahr. Aber unverändert gilt, dass eine solche Maßnahme nicht unumstritten ist. Denn nicht zuletzt würde eine Reduzierung der Anleihebestände, oder auch nur ausbleibende Nachfrage nach US-Staatsanleihen, in größerem Ausmaße Druck auf den Dollar ausüben und letztlich zu einer ungewollten verbesserten Wettbewerbsposition im Außenhandel für die USA führen.

          Gleichzeitig würden durch etwaige Bondverkäufe Chinas die Anleihekurse sinken und der Wert des chinesischen Portfolios sich verringern. Auf der anderen Seite könnte die US-Notenbank den Effekt größerer Anleiheverkäufe ihrerseits durch Anleihekäufe abmildern. Theoretisch könnte die Fed mehr Anleihen ins eigene Portfolio nehmen, als die chinesische Seite jemals würde verkaufen können.

          Schließlich wäre natürlich auch noch die Frage zu klären, wo China mit den Erlösen aus den Anleihekäufen tatsächlich hinmöchte. In ein Land, dessen Anleihen schlechter als die der USA rentieren?

          Die zweite Option Chinas, die ebenfalls den Wechselkurs beeinflussen würde, wäre eine schrittweise Abwertung des Yuan, um so den negativen Effekt etwaiger Strafzölle abzumildern. Aber auch diese von chinesischer Seite bevorzugte Option mit entgegengesetzter Wirkung ist umstritten. Und so ist es bislang nur bei Drohgebärden Chinas geblieben.

 

Italien nicht aus den Augen lassen

Bei allen Diskussionen um den US-chinesischen Handelsstreit sollte indes Italien nicht aus den Augen gelassen werden. Denn dort machte gestern der stellvertretende Premierminister Matteo Salvini von sich reden. Der Chef der Lega Nord äußerte nämlich, die Regierung sei, um den Arbeitsmarkt zu beleben, bereit, die Neuverschuldungsgrenze von 3 Prozent zu überschreiten. Mehr noch nehme Italien in Kauf, dass die Gesamtverschuldung des Landes entgegen der EU-Haushaltsregeln möglicherweise von 130 auf 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anstiege. Interessanterweise haben die Anleihemärkte während der vergangenen Tage bereits reagiert, weswegen sich der Renditevorsprung italienischer Staatsanleihen mit zehnjähriger gegenüber Bundesanleihen mit ähnlicher Laufzeit auf rund 280 Basispunkte erhöhte und somit gestern den höchsten Stand seit dem 11. Februar markierte. Dies mag womöglich auch ein Grund für die leichte Abschwächung des Euro gegenüber dem US-Dollar gewesen sein, der im Rahmen seiner Seitwärtsentwicklung zwischen 1,1125 und 1,1375 auf eine insgesamt etwas weichere Unterseite trifft.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt

für EUR/USD 10 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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