Investmententscheidungen Märkte

Vergoldete Versicherung

am
24. Juni 2013

Als der Goldpreis in der vergangenen Woche gegenüber dem Euro seit mehr als zwei Jahren erstmals wieder unter 1000 Euro rutschte, blieb die Reaktion auf dieses Ereignis erstaunlich leise und unaufgeregt. Kaum jemand sprach vom Versagen einer psychologisch wichtigen Marke, wie dies sonst in anderen Märkten häufig der Fall ist, wenn runde Niveaus überquert werden. Vielleicht lag es aber auch an der Richtung, die der Goldpreis eingeschlagen hatte, nämlich die von oben nach unten. Vielleicht wollte man deswegen darum kein Aufheben machen – gefallen haben wird diese Entwicklung den Goldbugs allerdings wohl kaum. Oder interessiert der Goldpreis gegenüber dem Euro europäische Anleger etwa nicht? Die meisten von ihnen dürften sich hierzulande tatsächlich nur am Rande dafür interessieren, dass es neben dem Goldpreis auch noch ein Wechselkursrisiko gibt.

Dennoch überrascht mich immer wieder, mit welcher gespannten Aufmerksamkeit mancher Investor den Goldkurs insbesondere in den vergangenen Monaten verfolgt hat. Das wäre ja auch verständlich, sofern man das gelbe Metall aus spekulativen Gründen gekauft hätte. Aber ich habe hingegen immer noch ganz andere Beweggründe im Ohr. So hieß es damals, dass sich gerade die Privatanleger hierzulande bereits zu Beginn der Finanzkrise mit physischem Gold eingedeckt hätten, weil die Angst umging, der Euro könne zerbrechen, dass womöglich eine Hyperinflation drohe oder gar der Zusammenbruch des Papiergeldsystems. Man kaufte Gold, um gegen den so genannten worst case abgesichert zu sein, um im Ernstfall vielleicht sogar Lebensmittel dafür eintauschen zu können. Im Prinzip handelte es sich bei dieser Anlage um ein langfristiges Investment, um eine Versicherung.

 

Hat es sich gerechnet?

Jetzt scheint es so auszusehen, als ob sich die befürchteten Horrorszenarien nicht einstellen wollten. Der Euro ist noch da, auch das Papiergeld zirkuliert noch, und Inflation gibt es offenbar auch nicht. Bei einer Feuerversicherung würde man beruhigt feststellen: Es brennt nicht. Gott sei Dank! Und wenn weniger Schadensfälle eintreten, sinkt sogar die Versicherungsprämie. Wenn ich jedoch manchen Inhaber einer Krisenversicherung, ausgestellt in Gold, höre, vernehme ich Jammern, Wehklagen und Wut über den Kursverfall des gelben Metalls. Als ob man den ursprünglichen Zweck dieser Anlageform vergessen und insgeheim doch auf Windfall-Gewinne geschielt hätte.

Ich besitze eine Feuerversicherung gegen den Ernstfall, den ich mir doch nicht wünsche, nur um hinterher sagen zu können: „Das hat sich gerechnet.“ Außerdem: Die Krise ist längst nicht ausgestanden. Oder würden Sie ihre Feuerversicherung kündigen, nur weil es ein paar Monate lang in Ihrer Nachbarschaft nicht gebrannt hat?   

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3 Kommentare
  1. Antworten

    Gregor

    24. Juni 2013

    Diesem Artikel ist nichts hinzuzufügen.Das Gold ist ein Wertaufbewahrungsmittel und kein Spekulationsobjekt.Bei Spekulationen kann man nur verlieren,den den Gewinn streicht entweder die Bank oder der Hedgefond ein.Für den Anleger bleiben nur ein paar Brosamen über.Außerdem ist Gold ein Mittel das Finanzsystem zu verlassen und das ist nicht zu unterschätzen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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