Dollar am Morgen Märkte

Ungebrochene Risikofreude

am
7. Februar 2020

EUR USD (1,0980)             Nun ist der Dollar also den vierten Tag hintereinander gegenüber einem Korb von Währungen, auch als Zeichen der derzeitigen globalen Risikofreude, gestiegen. Dass die globale Risiko-Rallye gestern eine Fortsetzung fand, war noch nicht einmal neuen Nachrichten hinsichtlich des Corona-Virus geschuldet. Vielmehr reichte den Akteuren als Auslöser fortgesetzter Aktienkäufe hierzulande und in Fernost – die chinesischen Aktien waren gestern den dritten Tag hintereinander auf deutlichem Erholungskurs – die Nachricht, dass China seine Strafzölle auf US-Importe im Volumen von etwa 75 Mrd. Dollar halbieren würde. Eine Nachricht, die eigentlich nicht hätte für Furore sorgen müssen, denn diese „wunderbare“ Maßnahme ist ohnehin letztlich Bestandteil des sogenannten „Phase-Eins-Deals“, dem Teilabkommen zwischen den USA und China, das im Januar verabschiedet wurde. Mit der gestrigen Dollarstärke ist auch der Euro weiter unter Druck geraten und fiel kurzzeitig mit rd. 1,0965 auf ein Niveau, das zuletzt im Oktober 2019 gehandelt wurde.

 

Vor allem Dollarstärke

Sucht man nach einem Auslöser für den gestrigen Rückgang des Euro, der weit mehr auf einer Dollarstärke als auf eigener Schwäche beruhte, könnte man auf den ersten Blick rasch fündig werden. Denn dass der Auftragseingang der Deutschen Industrie im Dezember (gegenüber Vormonat) um 2,1 Prozent unerwartet deutlich gefallen war, kam bei vielen Kommentatoren nicht gut an. Zumal die Ökonomen von einem Orderplus von 0,6 Prozent im Mittel ausgegangen waren. Noch dramatischer gestaltet sich diese Zahl, wenn man den Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe auf Jahresbasis betrachtet. Demnach brachen die Auftragseingänge um heftige 8,7 Prozent ein – das ist der stärkste Rückgang seit dem Jahr 2009. Indes: Der Euro geriet eigentlich nicht wegen dieser miserablen Zahlen richtig unter Druck, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt während des Handelstages.

 

ADP-Zahl als Anker

Dollarseitig gab es gestern keine wichtigen Konjunkturdaten zu begutachten. Dafür steht heute die Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts an, bei dem der Zuwachs der Stellen im Nicht-Agrarbereich (Nonfarm Payrolls) in der Median-Schätzung zwar nur bei einem Plus von 160 Tsd. Stellen liegt. Allerdings dürften die Erwartungen angesichts der Super-Zahl der privaten Arbeitsmarktagentur ADP vom vergangenen Mittwoch (+291 Tsd.) insgeheim höher liegen. Zumindest bildet dieser hohe Wert einen mentalen Anker. Zumindest wird es damit schwierig, noch für eine richtig große Überraschung bei den Devisenhändlern zu sorgen.

Außerdem meldete sich gestern der Präsident der regionalen Fed von Dallas, Robert Kaplan, zu Wort. Der wartete nämlich mit einer exakten Wachstumsschätzung für die USA auf und rechnet damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr um 2,25 Prozent anziehen wird. Tatsächlich, so Kaplan, sei eigentlich noch mehr drin, wenn es nicht die Boeing-Probleme und das Corona-Virus gäbe. Dieses allein würde die USA vermutlich rund 0,4 Prozent des BIP kosten.

 

Weniger Konjunktursorgen

Dass man sich um die US-Konjunktur offenbar keine Sorgen mehr machen muss, zeigt auch die Entwicklung am Anleihemarkt. Zwar konnten die Renditen der zehnjährigen US-Treasuries gestern nicht mehr zulegen, aber der viel beachtete Renditeabstand zu den 3-monatigen T-Bills liegt mittlerweile bei +6 Basispunkten. Auch die implizite Wahrscheinlichkeit für mindestens eine Zinssenkung der Fed bis zur Jahresmitte hat sich wieder deutlich verringert. So berechnete sich über das CME FedWatch-Tool dafür zuletzt nur noch eine Wahrscheinlichkeit von 39 Prozent; vor Wochenfrist betrug diese immerhin noch fast 50 Prozent. Unterdessen hat die Gemeinschaftswährung ihre „Komfortzone“ zwischen 1,0980 und 1,1180 an der Unterseite verletzt. Damit ist zwar noch kein kurzfristiger Abwärtstrend eingeleitet, aber der Euro bleibt unterhalb von 1,1070/75 unter Druck.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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