Dollar am Morgen Märkte

Eine fast zu gute Entwicklung

am
6. Februar 2020

EUR USD (1,1000)             Wer gestern gedacht hatte, die Risikofreude der Finanzmarktteilnehmer dies- und jenseits des Atlantiks wäre nicht mehr steigerungsfähig, musste sich abermals getäuscht sehen. Dabei war es wahrscheinlich nicht einmal Donald Trumps Rede zur Lage der Nation („State of the Union“) in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, die diese Risikofreude angeheizt hatte. Aber wenn man sich die gestern publizierten US-Wirtschaftsdaten anguckt, kann man trotz aller möglichen Übertreibungen und nicht ganz korrekten Fakten in der Rede sagen: Gestern lief anscheinend alles für Donald Trump.

Aber eigentlich wurde die Risikofreude bereits am Mittwochmorgen angefeuert, als Meldungen die Runde machten, dass das chinesische Fernsehen von einem neuen Medikament gegen die Corona-Grippe berichtet habe. Und am Ende des gestrigen Handelstages gab es währungsseitig auf jeden Fall einen Gewinner: Den US-Dollar, der nach der heftigen Korrektur vom vergangenen Freitag den dritten Tag hintereinander zulegen und zeitweise das Vorwochenhoch überwinden konnte.   

 

Corona-Epidemie und die selektive Wahrnehmung

Nun kann man sicherlich nicht behaupten, dass die Welt in Sachen Corona-Virus tatsächlich aus dem sprichwörtlichen „Schneider“ sei. Aber die Aktienmarktteilnehmer und Anleihehändler sowohl in den USA als auch hierzulande scheinen sich an die Nachrichtenlage gewöhnt zu haben. Zwar nimmt die Zahl der Infizierten und Todesfälle immer noch zu, allerdings – sofern man den Zahlen trauen kann – weiterhin eher linear denn exponentiell. Und es schien den Akteuren auch kaum etwas auszumachen, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO diesem angeblichen schnellen Durchbruch bei der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten zur Behandlung des Virus mit großer Skepsis begegnet. Diese selektive Wahrnehmung von Informationen und Nachrichten ist insofern verständlich, als sich doch gerade viele Marktteilnehmer damit arrangiert hatten (vgl. Sentiment-Erhebung der Börse Frankfurt von gestern, die ich HIER kommentiert habe), dass man sich wieder den Grundtrends an den Finanzmärkten widmen sollte. Und zu dieser starken Risikofreude passen natürlich negative Nachrichten nicht so gut.

 

Wie eine Bestätigung für Donald Trump

An ökonomischen Daten gab es gestern ebenfalls Positives zu vermelden. Dazu gehörten etwa die Einkaufsmanager-Indices der Dienstleister aus der Eurozone (Markit), die sich noch etwas besser – als in der ersten Schätzung publiziert – entwickelt haben. Der aus Industrie und Dienstleistern zusammengesetzte Einkaufsmanager-Index für die Eurozone hatte sich dabei von 50,9 auf 51,3 befestigt. Diese Zahlen waren allerdings genauso wenig eine Stütze für den Euro wie die schlechter als von den Ökonomen erwartet ausgefallenen Einzelhandelsumsätze der Eurozone im Dezember. Eigentlich dürften diese „hinterherhinkenden“ Daten nicht wirklich negativ überrascht haben, da die Wachstumszahlen zur Eurozone für das vierte Quartal 2019 bereits in der vergangenen Woche veröffentlicht worden waren.

Auch für die USA gab es Einkaufsmanager-Indices sowohl von Markit als auch vom ISM zu begutachten. In beiden Fällen gab es eine leichte positive Überraschung. Aber den richtigen „Knaller“ vermeldete die private Arbeitsmarktagentur ADP, wonach im Januar 291 Tsd. neu geschaffene Stellen in den USA entstanden sind. Tatsächlich lagen die Erwartungen der Analysten deutlich niedriger, nämlich lediglich zwischen 137 und 230 Tsd. Damit dürften die positiven Vorgaben für den Arbeitsmarktbericht, der für Freitag erwartet wird, noch einmal steigen. Gleichzeitig bleibt die viel beachtete Prognose der Fed von Atlanta für das erste Quartal 2020 bei einem stabilen Wachstumsplus – sofern man das in dieser frühen Phase des Quartals bereits sagen kann – von annualisiert 2,9 Prozent.

Per Saldo litt gestern auch der Euro unter dem starken Dollar. Denn die Gemeinschaftswährung hatte große Mühe, sich oberhalb von 1,10 zu halten. Dessen Lage bleibt jedenfalls – innerhalb der mittelfristigen Komfortzone zwischen 1,0980 und 1,1180 – angeschlagen, solange 1,1075 nicht mehr überwunden wird.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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