Dollar am Morgen Märkte

So schlecht ist „schlecht“

am
24. April 2020

EUR USD (1,0770)             Am liebsten möchte ich mich derzeit gar nicht mit ökonomischen Prognosen und Daten herumschlagen, weil ich diese ohnehin für wenig sinnvoll bzw. zielführend halte. Aber zumindest ein paar Eckdaten sind erwähnenswert, zumal der Eurokurs gestern zunächst gegenüber dem Dollar den Botschaften der publizierten Daten entsprach.

 

Unterirdische Einkaufsmanagerindices für die Eurozone

Begonnen hatte es mit dem vorläufigen Einkaufsmanagerindex (Markit) für die Dienstleister der Eurozone, der mit einem Wert von 11,7 unglaublich schlecht aussah. Auch in der zusammengesetzten Version (Industrie/Dienstleister) fiel dieses sich tief in der Kontraktionszone befindende Barometer für den Monat April mit einem Wert von 13,5 nicht viel besser aus – die Konsensprognose der Ökonomen lag übrigens bei 25,0. Zwar hatten viele Akteure infolge der Corona-Pandemie ohnehin eine sich gegenüber dem Monat März noch einmal deutlich verschlechterte Zahl erwartet – jetzt wissen wir zumindest, wie schlecht eine schlechte Zahl wirklich aussehen kann. Auch wenn es eigentlich egal ist, ob nun dieser Einkaufsmanagerindex bei 30, 20 oder 10 steht – das Bruttoinlandsprodukt für das zweite Quartal der Eurozone wird aufgrund dieser Zahlen wahrscheinlich irgendwo um 7,5 Prozent schrumpfen (Markit).

 

US-Wirtschaftsdaten interessieren nicht

Fiel der Euro am Vormittag etwa bis auf 1,0755, konnte er diesen Verlust in einer flotten Gegenbewegung am frühen Nachmittag zeitweise wieder wettmachen. Allerdings gaben dies die zur Publizierung anstehenden US-Wirtschaftsdaten nicht zwingend her. Die Einkaufsmanagerindices in der vorläufigen Version für den Monat April fielen deutlich besser aus als diejenigen der Eurozone, und die Median-Erwartungen der Ökonomen wurden nicht einmal stark verfehlt.

Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe lagen mit einem Plus von 4,43 Millionen in der zum 17. April endenden Woche in etwa auf dem Niveau der Konsenserwartung der Ökonomen. Natürlich ergibt die schiere Addition der Erstanträge für die vergangenen fünf Wochen eine Summe von 26,5 Millionen Arbeitslosen. Mit anderen Worten: Die rund 20 Millionen Jobs, die während der wirtschaftlichen Expansionsphase in den USA von Mitte 2009 bis Ende 2019 geschaffen wurden, sind innerhalb von etwas mehr als einem Monat zunächst einmal vernichtet worden.

 

Risikofreude drückt auf Dollar

Trotzdem glaube ich nicht, dass der Euro aufgrund irgendwelcher US-Wirtschaftsdaten seine anfängliche Schwäche wieder wettgemacht hatte. Vielmehr dürfte die Gemeinschaftswährung endlich auch einmal von der zurückgekehrten Risikofreude profitieren. Wobei auch die Hoffnung auf ein möglicherweise bis zu 2 Billionen EUR schweres Hilfspaket mitgespielt haben mag, über das beim Video-EU-Gipfel diskutiert wurde.

Aber es genügt bereits, einen Blick auf die Aktienmärkte zu werfen. Diese haben sowohl dies- als auch jenseits des Atlantiks die schlechten ökonomischen Daten bestenfalls achselzuckend zur Kenntnis genommen. Fast scheint es, als ob sich die Märkte – abgesehen von den Rohölpreisen – während der vergangenen Handelstage zu normalisieren versucht haben. Dies vermittelt zumindest die Entwicklung der impliziten Volatilitäten. Natürlich bedeutet „normal“ immer noch tägliche Handelsranges in den Aktienmärkten von 2 bis 3 Prozent. Aber diese Bandbreiten waren an manchen März-Tagen dieses Jahres nicht selten dreimal so hoch.

 

EU-Rettungspaket enttäuscht

Nun ist das vom EU-Gipfel beschlossene Hilfspaket mit einem Volumen von bis zu 540 Milliarden EUR, die von der Krise betroffenen Arbeitnehmern, Unternehmen und Staaten zur Verfügung gestellt werden sollen, längst nicht so groß ausgefallen, wie mancherorts möglicherweise erhofft worden war. Der Euro bleibt jedenfalls in seinem kurzfristigen Abwärtstrend, innerhalb dessen sich allerdings die Bullen noch längst nicht geschlagen gegeben haben. Deswegen bleibt das Trendpotenzial mit 1,0675 bzw. 1,0595/00 noch überschaubar. An der Oberseite ist 1,0995/00 das Maß der Dinge.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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